Die im Comicformat fortgeführte Saga um die Vampirjägerin Buffy geht in der Sammelbandversion „Höllenschlund Edition“ in die zweite Runde zur 8. Staffel: Es wird verrückter und es bleiben doch immer unsere alten „Scoobies“. – Von Satzhüterin Pia
Achtung: Dieser Text setzt voraus, dass Leserinnen und Leser die Handlung der Fernsehserie kennen. Hier findet ihr die Rezension zu Band 1.
Der zweite Sammelband fasst die ursprünglichen Bände 3 „Wölfe“ und 4 „Jetzt kommt Fray!“ zusammen. Der Band startet mit dem Kapitel „Ein schöner Sonnenuntergang“, das manche Frage beantwortet und gleichzeitig Einiges an Spannung aufbaut. Videoaufnahmen zeigen, wie Nachwuchs-Jägerinnen eine Bank überfallen, woraufhin Buffy Schuldgefühle zeigt, da sie mit ihrem eigenen Einbruch in Band 1 diesen Stein ins Rollen gebracht hat. Die Ereignisse überschlagen sich, als Buffy mit Satsu, einer der talentiertesten Neujägerinnen, ein Vampirnest aushebt. Es stellt sich nicht nur heraus, dass Satsu in Buffy verliebt ist, sondern sie werden bei dem vermeintlich harmlosen Auftrag von dem bereits bekannten Gegner „Dämmerung“ aufgemischt. Der eh schon geknickten Buffy redet der Maskierte ordentlich ins Gewissen. Sie kommt heile aus der Situation heraus, aber Dämmerung hat sein Ziel erreicht: „Der Trick besteht darin, ihr die stärkste Rüstung zu nehmen … ihre moralische Gewissheit.“
Buffys Sonderstellung wird immer wieder sichtbar. „Wow– du bist es wirklich!“, sagen nicht selten neue Jägerinnen, die Buffy noch nicht begegnet sind. (Witzig wird es, als in einer Wicca-Runde Willow ebenjene Reaktion hervorruft.) An anderer Stelle zeigt sich die legendäre Vampirjägerin traurig darüber, dass ihr die besondere Verbindung zwischen den neuen Jägerinnen vorenthalten zu bleiben scheint. „Vielleicht muss die Anführerin, diejenige, die alles zusammenbringt, darauf verzichten“, mutmaßt Xander, der ewige beste Freund und Berater von Buffy.
„Wölfe vor dem Tor“
Es folgt der vierteilige Titel „Wölfe vor dem Tor“, der mit ebenso vielen lustigen Szenen aufwartet, wie er brutale und traurige Momente mit sich bringt. Der große Gegner ist ein japanischer Vampir namens Toru. An seiner Seite hat er die Hexe Kumiko. Sie wollen mit einem Zauber die Magie umkehren, die die Jägerinnen-Macht auf alle mit entsprechendem Potential ausgedehnt hat. Am Ende gibt es, so der Plan, keine Jägerin mehr. Damit zeigt sich, dass es dem Gegner um etwas ganz anderes geht, als wir es noch aus dem ersten Band kennen. Wir erinnern uns: Hier sollte allen Jägerinnen eine Übermacht gegeben werden, bei Toru aber soll es keine Jägerinnenmacht mehr geben.
Wir treffen erneut auf einen alten Bekannten, denn Toru hat Dracula seine uralte Macht gestohlen. Nun können sich auch Torus Mitstreiter in Wölfe, Panther oder Bienen verwandeln, oder in Rauch auflösen – alles Fähigkeiten, die Dracula in Joss Whedons Welt besitzt. Apropos Dracula: Der legendäre Vampir, bereits bekannt aus der 5. Staffel, bringt Witz und Schwung in die Geschichte, besonders durch die Dynamik zwischen ihm und Xander. Die beiden pflegten offenbar zwischenzeitlich eine Art Freundschaft, was für amüsante Situationen sorgt, wie wir sie aus der Serie kennen und lieben. Leider bringt die Figur auch sehr unangenehmen Rassismus mit sich, was immerhin nicht als normal stehen gelassen wird, sondern auf laute Gegenstimmen trifft und nach und nach abnimmt.
Der Vierteiler hat es in sich: Vampire, Wölfe, Panther, magische Schwerter und Sensen, jede Menge Magie und typischer Whedon-Witz bei all der Dramatik. Er endet mit einem ordentlichen Showdown, der – nur so viel sei verraten – auch Verluste auf Seiten der Buffy-Armee mit sich bringt. Nach dem er schon Anyanka am Ende der 7. Staffel verloren hat, wird hier Xander ganz besonders schwer getroffen.
„Jagdzeiten“
Der Dreiteiler „Jagdzeiten“ stellt alles infrage – ganz besonders Buffys Entscheidung, die Jägerinnen-Magie auszuweiten. Die Ereignisse überschlagen sich und man weiß kaum, wo man zuerst hinschauen soll: Dawns riesiges Problem ist geschrumpft, hat nun aber deutlich mehr Hufe als ihr lieb ist; Buffy wird in eine zweihundert Jahre entfernte Zukunft zur Jägerin Melaka Fray gezoomt, während an Buffys Stelle ein Dämon den Platzhalter im Jetzt mimt; eine Bombe geht auf das schottische Hauptquartier der Jägerinnen nieder; ein Kampf zwischen Jägerinnen und … Waldgeistern?; fliegende Autos und eine böse Willow im New York der Zukunft …
Es wird immer verrückter und der übergeordneten Erzählung lässt sich nicht ohne Weiteres folgen. Inwieweit dieser Erzählstrang mit der Zukunftsjägerin Fray überhaupt eine Bewandtnis für die gesamte Geschichte hat, ist nicht abzusehen. Dazu kommt, dass Joss Whedon Melaka Fray eine eigene Comic-Reihe gewidmet hat. Ohne diese zu kennen, ist es zusätzlich schwierig, all den Geschehnissen zu folgen. Extra-Verwirrungspunkte gibt es für die Buffy optisch ähnliche Schwester Frays – an der einen oder anderen Stelle muss man gut aufpassen, die beiden nicht zu verwechseln.
Gleichzeitig wirkt diese Welt durch den Humor und die Anspielungen auf Vergangenes vertrauter denn je. Dass Buffy, wie schon in der 7. Staffel, mit einem Dämon getauscht wurde und diesmal statt in einer anderen Dimension in einer weit entfernten Zukunft landet, ist beispielsweise ein schön eingesetztes altbewährtes Mittel. Genauso viel Spaß machen kleine Anspielung auf frühere Situationen, wie zum Beispiel Willow als Computerkurs-Lehrerin oder Buffys Berufstest in der High School, der ihr sagte, sie solle Polizistin werden. Bei all dem Irrsinn, der in dieser Comicweiterführung so passiert – physikalische Gesetze und Budgets für ordentlich Action sind immerhin ausgehebelt – wird durch diese Dinge die Verbindung zur altbekannten Welt gehalten.
„Buffy beginnt das Gewicht zu spüren. Ihr Versagen … der Verlust der Welt.“
Am Ende des Sammelbandes folgt noch ein Kapitel der etwas anderen Art: „Nach einer kurzen Unterbrechung … sind wir wieder zurück!“ Buffy wacht in einem Traum auf, der durch einen anderen Zeichenstil stark verdeutlicht wird. Vom Inhalt will ich nicht zu viel vorwegnehmen und nur eines sagen: Es ist auf jeden Fall etwas für alle Nostalgiker:innen unter uns Buffy-Fans.
Die 8. Staffel lässt Fanherzen höherschlagen und zeigt, dass die Umsetzung in einer anderen medialen Aufarbeitung wunderbar funktionieren kann. Insgesamt ist der letzte Teil, ursprünglich Band 4 „Jetzt kommt Fray!“ und hier in der „Höllenschlund-Edition“ der Dreiteiler „Jagdzeiten“, der wohl schwächste der 8. Staffel. Eine lohnenswerte Lektüre, die fesselt und von der man mehr lesen und anschauen möchte, bleibt es aber allemal.
Der Stoff um das Universum der schlagfertigen Vampirjägerin ist längst nicht erschöpft. Neben dieser Höllenschlund-Edition, der Neuauflage der originalen Staffeln 8 bis 12, debütierte im letzten Jahr ein höllisches Reboot, das Buffy und ihre Gang ins aktuelle Jahrzehnt holt. Zu den ersten drei Bänden (Panini) sowie der erneut parallel geschalteten Reihe rund um Angel (danibooks), ist im Rahmen unseres Phantastik-Specials im Sommer meine Rezension erschienen.
Buffy The Vampire Slayer (Staffel 8) Höllenschlund-Edition, Band 2. Georges Jeanty, Brian K. Vaughan, Joss Whedon. Übersetzung: Claudia Kern. Panini. 2021.
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