Mit Pflock und Smartphone unterwegs: die Neuauflage der kultigen Vampirjägerin Buffy katapultiert die Scoobies aus Sunnydale ins aktuelle Jahrzehnt. Kann das funktionieren? – Von Satzhüterin Pia
Die berühmte Serie des legendären Joss Whedon lief nach sieben Staffeln im Fernsehen einige Jahre später noch als Comic weiter. Im Jahr 2019 endete die Serie mit der 12. Staffel auch in diesem Format. Diesmal endgültig. Nun, dann ist es eben an der Zeit für ein Reboot, dachte man sich, und das begann bereits im Jahr darauf – mit dem Segen des Schöpfers Whedon, der aber nicht konkret daran mitgewirkt hat. Auch hier gibt es wieder ein Spin-Off rund um den Vampir Angel. Während die Reboot-Hefte über Buffy bei Panini erscheinen, hat Dani Books Angel unter seinen Fittichen
Wohlbekanntes Buffy-Feeling
Für diese Neuauflage des bekannten Stoffes wird die schlagfertige Vampirjägerin Buffy ins aktuelle Jahr(zehnt) geholt: Neben Pflock hält sie nun auch ein Smartphone in der Hand und die berühmt-berüchtigten Outfits aus den End-90ern weichen aktuellerer Mode. Im ersten Band der neuen Reihe lernen Leserinnen und Leser die alten Hauptfiguren in ihrem neuen Gewand kennen. Und dabei bleibt es nicht bei so profanen Dingen wie Klamotten oder Frisuren. Auch die Figuren selbst haben die eine oder andere Modernisierung bekommen: Xander ist zum Beispiel nicht ganz so hoffnungslos vertrottelt, wie man ihn aus den ersten Staffeln der Fernsehserie kennt, und Willow überspringt die schüchtern-streberhafte Phase und lebt direkt offen homosexuell. Cordelia, das tonangebende IT-Girl von damals, ist eine hoffnungslos nette Person, die allen behilflich sein möchte (manche Dinge wirken also ein wenig weit hergeholt). Buffy selbst hat sich nicht so sehr verändert, vielleicht ist sie nur noch ein bisschen angepisster, kein normales Leben führen zu dürfen.
Schule ist die Hölle
Der Stoff hat also einige Änderungen bekommen, wobei viele bekannte Grundaspekte den roten Faden bilden: Buffy kommt neu in die Stadt und lernt die Freunde Willow und Xander kennen. Giles, der Bibliothekar, ist ihr Wächter, Joyce ihre Mutter (diesmal mit Partner), Cordelia, Spike und Drusilla und so weiter, sie alle kommen in ähnlichen Rollen wieder vor. Insgesamt erzählt diese moderne Version unserer geliebten Vampirjägerin aber eine neue Geschichte, die sich sehr viel schneller entwickelt, als die Fernsehserie es vermochte. Sicherlich richtet sich die neue Comicreihe an Liebhaberinnen und Liebhaber des Stoffes – wir kennen die Welt (und ihre Figuren) also schon gut.
Während das Fernsehoriginal nur eine kleine, partielle Öffnung des Höllenschlunds am Ende der ersten Staffel wagt und sich mit dem Rest deutlich mehr Zeit lässt, geht es im Comic-Reboot deutlich schneller zur Sache. Dabei schaffen die Macher es, das wohlbekannte Buffy-Feeling auch in dieser neuen Geschichte wieder aufleben zu lassen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Charakterentwicklung aus der Originalserie bestehen bleibt – die Figuren ähneln eher ihrem Stand von Staffel sieben und wirken reifer als bei Staffel eins von „Im Bann der Dämonen“.
Der erste Biss
Zuerst einmal eine kleine Spoiler-Warnung. Ich versuche, nicht zu viel vorwegzunehmen, aber ganz frei von Spoilern ist dieser Text wohl nicht.
Die Antagonisten der Neuauflage sind Drusilla und Spike, wobei Spike eher einen stillen Handlanger zu mimen scheint, während Dru tonangebend ist. (Eigentlich doch ganz ähnlich der Fernsehserie, nur etwas zugespitzter.) Am Ende des ersten Teils beißt und verwandelt Dru Xander – und hier knüpft nun der zweite Band an. Als erstes fällt leider der veränderte Zeichenstil auf. Nachdem Dan Mora im ersten Heft die Zeichnungen übernommen hatte, kam zum zweiten und dritten Teil David López dazu. Mora hat die uns so gut bekannten Gesichter so gut getroffen, dass López‘ anderer Stil arg auffällt. Man gewöhnt sich daran, aber gefallen haben mir Moras Zeichnungen sehr viel besser.
Der Fokus von „Der erste Biss“ liegt auf Willow (und Xander). Die junge Hexe rettet Xander, gibt dafür aber einen elementaren Teil von sich selbst auf. Ihr Hadern mit der neuen Situation bringt eine dunkle Willow hervor – und das erinnert an die schwarzmagische Willow, die wir aus der sechsten Staffel der Fernsehserie kennen. Diesmal rettet aber nicht Xander Willow, sondern Willow Xander. Auch hier wurden wieder bekannte Aspekte als Eckpunkte gesetzt, während die gesamte Geschichte doch so komplett anders funktioniert. Sehr geschickt gelöst!
Aus der Tiefe
Erneut endet das Heft mit einem fiesen Cliffhanger. Und wieder ist es Drusilla, die dafür sorgt: Nachdem sie im Finale von „Schule ist die Hölle“ Xander beißt, stößt sie am Ende von „Der erste Biss“ Spike einen speziellen Dolch in die Brust – und wie sollte es anders sein, sie öffnet damit den Höllenschlund, der prompt Buffy verschluckt. Was sie und Angel dort erleben, soll in der Mini-Serie „Hellmouth“ erzählt werden, zu der ich bis dato aber nichts herausfinden konnte. Das dritte Heft „Aus der Tiefe“ startet somit ohne Buffy und wir treffen auf Kendra, die wie schon im Fernsehen die nächste Jägerin mimt. Ihr Wächter soll niemand anderes als der hier noch 16-jährige Robin Wood sein (erinnert euch an den Schulleiter, dessen Jägerin-Mutter damals von Spike getötet wurde).
Der offene Höllenschlund sorgt zwar nicht für massenweise Dämonen auf den mit Rissen durchfurchten Straßen Sunnydales, aber die Menschen selbst scheinen sich zu verändern. Streit, Wut, Jähzorn und Unbeherrschtheit dominieren insbesondere die Männerwelt. Schließlich zeigt sich auch, warum, und erneut endet der Comic mit einem Cliffhanger.
Angel: Mensch sein
Auch die neue Adaption von Angel setzt überwiegend dort an, wo wir den melancholischen nächtlichen Retter der Hilflosen bereits kennen: als Privatdetektiv in LA. Auch weiß er bereits um den Kniff mit dem Glück: „Mach mich nicht glücklich. Du würdest mich nicht mögen, wenn ich glücklich bin.“ Rückblicke zu verschiedenen Schauplätzen in Angels Leben geben ganz wie in der Serie Einblicke, die uns helfen, den Vampir und seine Beweggründe zu verstehen. Der Kontrast zwischen den Rückblicken und den aktuellen Geschehnissen wird verstärkt, indem zum Beispiel Social Media aufgegriffen wird.
„Diese Generation hat zu viele Spiegel und zu wenige Fenster.“
Der mit der Eitelkeit einhergehende Neid ist die Nahrung des Bösen, gegen das Angel in dem ersten Band antreten muss. (Der Dämon hat Ähnlichkeit mit dem Computer-Dämon der Fernsehserie, den Willow versehentlich eingescannt hatte. Ja, seiner Zeit war „Buffy – Im Bann der Dämonen“ ausgesprochen fortschrittlich.) Winnifred – oder einfach Fred – ist uns Fans der Serie ebenfalls bekannt. Diese neue Version von Fred muss Angel nun vor dem Antagonisten-Dämon retten. Kaum ist das geschafft, erfahren wir, dass das erst der Anfang ist. So viel sei verraten: Auch die nächste Figur, die gerettet werden muss, ist uns aus „Angel – Jäger der Finsternis“ bereits gut bekannt. Das Heft endet mit einer Art Bonuskapitel, in dem wir auf Anyanka treffen. Oder vielmehr Buffy, die aus dem Zauberladen Anyas etwas benötigt, das kurz darauf auch Angel bei ihr sucht. Es kann nicht mehr lange dauern, ehe Angel und Buffy aufeinandertreffen werden.
Am Ende ergeht es mir wie schon beim Original: Angel und sein Gejammer, seine Selbstgeißelung, sein „ich verdiene es und noch Schlimmeres“ können ganz schön nerven. Aber davon abgesehen, ist die Geschichte stimmig und spannend, der Zeichenstil ansprechend und ich bin gespannt darauf, wie es weitergeht. Und das gilt sowohl für Angel als auch für Buffy. Fans der Fernsehserien dürften genau wie ich ihre Freude an dem Reboot haben, während die Geschichte gleichzeitig darauf ausgelegt ist, auch Neulingen gute Unterhaltung zu bieten.
Details
Buffy the Vampire Slayer 1 – Schule ist die Hölle. AutorIn: Jordie Bellaire, Joss Whedon. Zeichner: Dan Mora. Übersetzung: Claudia Kern. Panini. 2020. BK-Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Buffy the Vampire Slayer 2 – Der erste Biss. Autorin: Jordie Bellaire. Zeichner: David Lopez. Übersetzung: Claudia Kern. Panini. 2020. BK-Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Buffy the Vampire Slayer 3 – Aus der Tiefe. Autorin: Jordie Bellaire. Zeichner: David Lopez. Übersetzung: Claudia Kern. Panini. 2021. BK-Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Angel – Band 1: Mensch sein. Story: Bryan Edward Hill. Zeichnungen: Gleb Melnikov. Übersetzung: Jano Rohleder. Dani Books. 2021. BK-Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Ein Beitrag zum Special #BKtastisch. Hier findet ihr alle Beiträge.
0 Kommentare