Inception – Wenn der Traum zur Realität wird

von | 24.02.2018 | #philosophiestadt, Filme, Filmtheater, Specials

Poesiearchitektin Lena beschäftigt sich oft mit der Thematik des Traumes. Als sie versucht hat „Inception“ auseinander zu pflücken, hat sich eine spezielle Frage entwickelt: Wenn du die Wahl hättest, würdest du lieber im Traum leben oder in der Realität?

„Kommen sie jeden Tag zum Schlafen her? – Nein, sie kommen um geweckt zu werden. Ihr Traum ist zu ihrer Realität geworden.“

„Inception“, ein Science-Fiction-Thriller aus dem Jahre 2010 ist ein verwirrender und komplexer Film, den man des Öfteren schauen muss, um hinter das ganze Konstrukt blicken zu können. Der Regisseur hat sich für mehrere berühmte Schauspieler entschieden, wie Leonardo DiCaprio, Ellen Page und Joseph Gordon-Levitt. In diesem Film dreht sich alles um das Thema „träumen“. Genauer: Kann man jemandem im Traum einen Gedanken einpflanzen, der ihn so einnimmt, dass er nach dem Aufwachen seine Meinungen und Ansichten ändert?

Ich beschäftige mich allerdings mit einem kleineren Aspekt und zwar ausgehend von der folgenden Szene: In einem Raum liegen viele Menschen und schlafen tagsüber mehrere Stunden. Und zwar jeden Tag. Es sind 12 Menschen, die miteinander verbunden sind. Sie gehen jeden Tag dorthin zum sogenannten „Traum-Sharing“. Sie träumen 3-4 Stunden in der Realität, das bedeutet, sie träumen umgerechnet dann also 72-96 Stunden in der Traumwelt. Also 3-4 Tage im Unterbewusstsein.

Ich habe mich gefragt, ob die Menschen, wenn sie die Wahl hätten, in der Realität leben oder ihre Träume zu ihrer Realität werden lassen würden.

Dauerschlaf

Stellt euch folgendes vor: Es gibt einen Ort, voller Hochhäuser, ähnlich wie Krankenhäuser. Sehr viele Zimmer, in denen mehrere Betten stehen und in ihnen liegen Menschen. Herkunft, Alter, Geschlecht ist nicht wichtig. Eins haben sie allerdings gemeinsam: Sie alle schlafen und träumen. Manche von ihnen sind schwerkrank. Andere leiden an Depressionen. Andere haben psychische Probleme und manche leiden an einem gebrochenen Herzen.

Ähnlich wie Krankenschwestern gibt es auch hier Pfleger/innen, die die Werte der Patienten beobachten und sich um sie kümmern. Ernährung und die normalen menschlichen Bedürfnisse werden von ihnen kontrolliert. Vor allem aber überwachen sie die Träume der Schlafenden. Diese können selber entscheiden, ob oder wann sie wieder aufwachen. Menschen, die jemanden verloren haben, können in ihrem Traum wieder mit ihr oder ihm zusammen leben. Psychisch Erkrankte können in ihren Träumen ihre Gelüste ausleben, ohne wirklich jemanden zu verletzen oder zu ermorden. Schwer Kranke, die beispielsweise nicht mehr laufen können oder kein normales Leben führen können, weil sie geistig beeinträchtigt sind, bekommen eine zweite Chance, dort ihr Leben so zu gestalten, wie sie es sich vorstellen oder wünschen.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass diese Art von Leben etwas für jeden ist. Die Realität hat auch ihren Reiz. Das Unvorhergesehene beispielsweise. Menschen, die der „Technik“ nicht vertrauen oder die Verantwortung ihrer Gesundheit nicht in fremde Hände legen wollen, wären wohl auch eher abgeneigt. Dennoch ist es verlockend, sich hin und wieder einfach schlafen zu legen und etwas so geschehen zu lassen, wie man es sich wünscht. Wie oft hofft man, dass man seine Träume lenken könnte? Manch einer versucht dies ja sogar zu erlernen und hat auch Erfolg damit.

Die Architekten

In „Inception“ gibt es sogenannte Architekten, die die Träume bauen und entwerfen. Dann gibt es die Schlafenden, die wissen, dass sie träumen und alles unecht ist und die Schlafenden, die denken, dies alles sei die Realität. Für den Fall, dass Menschen ewig schlafen möchten, ist dies nicht optimal, da die Architekten nicht ein ganzes Leben vorplanen können. Die Schlafenden müssten dementsprechend selber die Architekten sein. Nicht jeder besitzt so viel räumliches Denken und Kreativität, um einen Traum so realistisch zu entwerfen, dass man im Schlaf denkt, alles sei echt. Die Frage ist auch, ob ein Architekt moralisch in der Lage ist, einen Traum für einen Serienmörder zu entwerfen. Und was ist mit Menschen, die vollkommen abgedrehte und verrückte Träume haben wollen? Könnte ein Außenstehender diese nach den genauen Vorstellungen entwerfen? Wohl eher nicht. Wie kann jeder Schlafende auch ein Architekt werden? Gäbe es in der Uni Vorlesungen oder Seminare mit dem Titel „Von der Realität zum Traum – wie werde ich Architekt?“ Gäbe es sogar einen Studiengang? „Traumarchitekt“?

Der Traum

Ist es überhaupt in Ordnung, natürliche Träume auszulöschen? Träume bestehen aus Erinnerungsfetzen aus der Vergangenheit. Sogar Kindheitserinnerungen können dort auftauchen. Gerade erlebte Ereignisse oder unbewusste Problematiken werden verarbeitet. Oft erfährt man durch seine Träume auch, was einen beschäftigt, ohne dass es einem vorher so präsent war. Man könnte nicht aufwachen, total verwirrt oder verängstigt und seine Träume Revue passieren lassen und anderen davon erzählen. Auch Psychologen arbeiten oft mit Träumen der Behandelten, um die Ursache ihrer Probleme zu diagnostizieren. Alpträume würde es nicht mehr geben. Auch nicht das Glücksgefühl nach dem Aufwachen, wenn man weiß, dass alles nur ein Traum war. Träume sind speziell und einzigartig. Mit dem geregelten Träumen würde einiges wegfallen.

Der Traum wird zur Realität

Als Beispiel ist die Frau vom Architekten Cobb perfekt. Sie lebt in ihrer Traumwelt, die für sie Realität geworden ist. Sie baut Häuser, lebt ihr Leben, hat ihre Kinder als Projektionen und verbringt dort gefühlt mit Cobb ihr ganzes Leben. Und sie ist zufrieden. Cobb ist der, der weiß, dass alles nicht real ist, weshalb er ihr den Gedanken einpflanzt, dass dieser Traum nicht real ist. Hätte er dies nicht getan, wäre sie höchstwahrscheinlich niemals freiwillig aufgewacht. Sie hat ja auch ihr Totem, den Kreisel in einen Safe verschlossen, als Zeichen dafür, dass sie auch nicht herausfinden will, ob es real ist oder nicht. Weil sie glücklich ist.

Im Film ist es also durchaus möglich, dass man vollkommen vergessen kann, dass der Traum nur ein Traum ist. Leider glaubt Cobbs Frau letztendlich, dass die Realität der Traum ist und nimmt sich das Leben. Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass es ein Massensterben geben könnte, wenn die Schlafenden nach Jahren erwachen und mit der Realität nicht mehr klarkommen, könnte das geregelte Träumen bloß zu einem düsterem Projekt in der Geschichte der Menschheit werden.

Würdest du lieber klassisch oder konstruiert träumen?

Ein Beitrag zum Special #philosophiestadt. Hier findet ihr alle Beiträge.

Inception. Drehbuch: Christopher Nolan. Regie: Christopher Nolan. Darsteller: Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Marion Cotillard, Ellen Page, Tom Hardy. Warner Bros. USA. 2010. FSK 12.

Bilder: Warner Bros.

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