Ihr habt noch nicht alle Geschenke beisammen und seid auf der Suche nach Inspiration? Satzhüterin Pia, Worteweberin Annika und Geschichtenbewahrerin Michaela haben für euch ein paar Titel zusammengestellt, die sich sehr gut unter einem Weihnachtsbaum machen.

„Vater des Regens“

Lily Kings „Vater des Regens“ ist ein eindringlicher Roman, der von der komplexen Beziehung zwischen Daley und ihrem alkoholkranken Vater erzählt. Daleys Eltern trennen sich, als sie elf Jahre alt ist, was sich auf alle Familienmitglieder ganz unterschiedlich auswirkt. In drei zeitlichen Abschnitten erfahren wir mehr über (ungesunde) familiäre Bindungen, die Herausforderungen des Erwachsenwerdens und die Auswirkungen von Sucht auf zwischenmenschliche Beziehungen. Daley navigiert durch ihre Kindheit und Jugend, während sie versucht, die Liebe und Anerkennung ihres Vaters zu gewinnen, der oft unberechenbar und manipulativ ist.

Lily Kings Sprache ist eher nüchtern und leise, aber auch einfühlsam und oft poetisch. Die bildhaften Beschreibungen zeigen die innere Zerrissenheit der Figuren und die Rückblenden in die Kindheit von Daley sind nostalgisch und melancholisch.

„Vater des Regens“ ist eine bewegende Lektüre, die tief in die menschliche Psyche eintaucht. Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase entfaltet der Text seine volle Kraft und lässt mich als Leserin kaum los. (sp)

„Lichtungen“

In ihrem Roman „Lichtungen“ kehrt Autorin Iris Wolff zurück zu verschiedenen wichtigen Momenten im Leben der Hauptfigur Lev. Der Clou: Sie erzählt antichronologisch. Der Roman beginnt in der Gegenwart, als Lev und Kato sich in Zürich wiedersehen. Von hier an geht es rückwärts zu Stationen in der Vergangenheit: Katos Aufbruch mit dem Fahrrad durch Europa und Levs Frustration darüber, Levs und Katos Kennenlernen in der Schulzeit, ein traumatisches Erlebnis während einer Kur, die Lev mit seinem Großvater zusammen bestreitet … Wie Lichtungen blitzen die Erinnerungen auf und ergeben am Ende ein Gesamtbild.

Iris Wolff erzählt poetisch von Freundschaft und Liebe, vom Leben im heutigen Rumänien für die Menschen, die sich entscheiden zu bleiben – trotz allem – und die Menschen, die im Westen ihr Glück suchen. Die Erzählung lässt Leerstellen, die wir Lesenden füllen dürfen, und ist doch nah an den Figuren. Ein großes Lesevergnügen, das völlig zurecht auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. Auch unter dem Weihnachtsbaum macht es sich garantiert gut! (wa)

„Die schönsten Wintermärchen“

Der Winter kann grau und ungemütlich sein und die Vorweihnachtszeit lässt uns kaum Zeit zum Durchatmen. Um auch das Schöne im Winter zu sehen und die Weihnachtsstimmung in all dem Trubel nicht zu verlieren, ist die Märchensammlung „Die schönsten Wintermärchen“ genau richtig.

Es war schön, bekannte Märchen der Brüder Grimm aus meiner Kindheit wieder zu lesen. Ich wusste nicht mehr, wie rührend die Erzählung „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen ist. Und wie aufregend seine Geschichte „Die Schneekönigin“. Die fast unbekannten Wintermärchen von Oscar Wilde und Selma Lagerlöf zu entdecken, bereitete mir große Freude. Insgesamt 20 Märchen von namhaften und anonymen Autor*innen hat der Reclam Verlag zusammengetragen. Mit ihnen können wir uns zurücklehnen und unsere Pausen in der kalten und hektischen Zeit finden.

„Die schönsten Wintermärchen“ gehören zur Reihe „Klassiker im Reclam Taschenbuch“. Die Umschlaggestaltungen sind wunderschön und schon allein das Umschlagbild „Hof und Waschhaus“ von Carl Larsson hat mich zum Buch hingezogen. (gm)

  • Lily King. Vater des Regens. Übersetzung: Sabine Roth. C.H. Beck. 2024.
  • Lichtungen. Iris Wolff. Klett-Cotta. 2024.
  • Die schönsten Wintermärchen. Brüder Grimm. Hans Christian Andersen u.a., Reclam. 2024.
Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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