Mit „Ich gehör dazu!“ und „Kein Bett in der Nacht“ sind zwei Bilderbücher erschienen, die sich einem viel zu wenig beachteten Thema widmen: Es geht um Armut und Obdachlosigkeit. Zeichensetzerin Alexa hat beide Bücher gegenübergestellt.
Obdachlosen helfen: „Kein Bett in der Nacht“
„Kein Bett in der Nacht“ von Maria Inês de Almeida und José Almeida de Oliveira stellt Menschen in den Mittelpunkt, die auf der Straße leben. Obdachlose, so die Erklärung zu Beginn des Buches, seien Menschen, „die aus finanziellen und/oder sozialen Gründen keinen festen Wohnsitz haben“. Erzählt wird das Bilderbuch aus der Sicht eines Jungen, der sich Gedanken darüber macht, weshalb Menschen kein Zuhause haben. Er versteht nicht, warum den Obdachlosen nicht geholfen wird – und wird deshalb selbst aktiv: Jedes Jahr an Weihnachten will er Kleidung und Lebensmittel spenden. So kommt er auch mit vielen Obdachlosen ins Gespräch und erfährt, wie es dazu kam, dass sie auf der Straße leben. In diesen Erzählungen wird deutlich: Es kann ganz plötzlich kommen, ein Schicksalsschlag im Leben, „eine unerwartete Wendung“, und dann ist alles anders.
Obwohl das Bilderbuch keine zusammenhängende Geschichte hat und abrupt endet, wird anhand der Gedanken des Protagonisten und der Beschreibung einzelner Situationen klar, was das Anliegen ist. Mit „Kein Bett in der Nacht“ sollen junge Leser*innen ab etwa 4 Jahren über das Thema Obdachlosigkeit aufgeklärt werden. Das gelingt sowohl mithilfe des Textes als auch der Illustrationen von Cátia Vidinhas, die hervorragend die traurige Stimmung transportieren. Die Winter-Atmosphäre kommt besonders gut aufgrund der kalten Wasser- und Buntstiftfarben, überwiegend in Blautönen gestaltet, zur Geltung.
Teil der Gesellschaft sein: „Ich gehör dazu!“
Auch im Bilderbuch „Ich gehör dazu!“ von Tom Percival herrscht Winter. Die Illustrationen haben größtenteils kalte Blau- und Lilafarben, die immer mehr verblassen und einem Grauschleier weichen, bis sich die Geschichte wendet und neue Farben entstehen. Hier sind die Illustrationen stark mit dem roten Faden des Bilderbuches verknüpft: Isabell und ihre Eltern leben in Armut. Sie haben kein Geld, um zu heizen und können bald auch keine Miete mehr zahlen. Deshalb müssen sie in ein anderes Viertel ziehen. War Isabell anfangs noch zuversichtlich, weil ihr nichts wichtiger war als ihre Familie, wirkt sich die neue Umgebung negativ auf sie aus.
Das Viertel, in dem sie nun leben, ist trostlos, niemand scheint sie zu bemerken, bis Isabell das Gefühl hat, immer mehr zu verblassen. Nun sieht sie all die anderen Unsichtbaren, darunter einen Obdachlosen und einen geflüchteten Jungen – und sie beschließt, ihnen zu helfen, damit sie nicht mehr allein sein müssen. Die Veränderung, die Isabell herbeigeführt hat, zeigt sich in bunten, strahlenden Farben und der Stimmung der Menschen, die im Viertel leben. Alles wirkt fröhlicher und lebendiger. Und die Unsichtbaren sind keine Unsichtbaren mehr.
Während es in „Kein Bett in der Nacht“ speziell um Obdachlosigkeit geht, schafft das Bilderbuch „Ich gehör dazu!“ auf mehreren Ebenen Sichtbarkeit für Armut. Es sensibilisiert nicht nur Kinder ab 4 Jahren dafür, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Lage, Teil unserer Gesellschaft sind.
Mit „Ich gehör dazu!“ wollte Autor und Illustrator Tom Percival darauf aufmerksam machen, dass Millionen von Kindern in Armut leben, „die nicht genug zu essen haben, frieren müssen und erschöpft sind, die keine richtigen Schulsachen besitzen, und, was Chancengleichheit angeht, benachteiligt sind.“ Das ist ihm mit diesem Bilderbuch gelungen – und ich hoffe, dass sich die darin enthaltene Botschaft immer weiter verbreiten wird.
- Kein Bett in der Nacht. Text: Maria Inês de Almeida, José Almeida de Oliveira. Illustration: Cátia Vidinhas. Übersetzung aus dem Portugiesischen von Sarah Pasquay. Knesebeck. 2021. Ab 4 Jahren.
- Ich gehör dazu! Text/Illustration: Tom Percival. Übersetzung aus dem Englischen von Salah Naoura. arsEdition. 2021. Ab 4 Jahren.
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