Der zehnte Roman von Walter Moers, „Die Insel der Tausend Leuchttürme“, führt die Leserinnen und Leser zusammen mit dem Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz zur Rehabilitation auf die Insel Eydernorn. Für Seitentänzerin Michelle-Denise war die Reise mit Hildegunst ein wenig zu lang.
Hildegunst von Mythenmetz braucht Erholung. Was bietet sich da mehr an, als ein Kuraufenthalt auf einer schönen abgelegenen Insel? Bereits die Anreise nach Eydernorn wird von einigen wetterbedingten Turbulenzen begleitet und macht deutlich, dass es für den Lindwurm erstmal kein Zurück auf das Festland geben wird.
Angekommen auf Eydernorn macht er sich in seiner freien Zeit außerhalb des Sanatoriums mit der Flora und Fauna der Insel sowie deren Bewohnern und den damit verbundenen Eigenheiten vertraut. Täglich verfasst er einen Reisebericht in Briefform an seinen Freund Hachmed. Doch werden diese Briefe seinen Freund jemals erreichen? Denn auf der Insel verändert sich das Wetter zusehends und es breitet sich eine seltsame Wolke über Eydernorn aus …
Unnachahmliche Sprachgewandtheit
Obwohl ich bisher nur mit Moers Figur Käpt’n Blaubär vertraut war und noch nicht mit den vorherigen Romanen um den Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, war ich neugierig auf „Die Insel der Tausend Leuchttürme“. Ohne Vorwissen war es aber dennoch nicht allzu schwer sich schnell in die Geschichte einzufinden. Durch den Aufbau in Briefform hatte ich das Gefühl, dass Hildegunst auch Hachmed ein paar Dinge, die nur von Mythenmetz selbst gesehen und erlebt hat, erklären musste und fühlte mich direkt abgeholt. Die Reiseberichte werden immer wieder durch aufwändige Zeichnungen von eydernornischen Besonderheiten oder Abbildungen von Bewohnern unterbrochen und veranschaulicht.
Moers unnachahmliche Sprachgewandtheit hat mich unglaublich beeindruckt. Er vollzieht ein durchweg raffiniertes Spiel mit der Sprache, indem er zumeist auf plattdeutsche Worte zurückgreift, die er leicht verändert, damit daraus lokale Eydernornische Fremdwörter werden. Leserinnen und Lesern mit Plattdeutschkenntnissen gelingt es dennoch auf Anhieb wunderbar, diese Sprache ohne weitere Erklärung zu verstehen. Dass die Insel Eydernorn stark an die Ostfriesische Insel Norderney angelehnt ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Mir gefiel der Bezug zu Norddeutschland sehr und ich habe mich bei den ersten Reiseberichten so gut unterhalten gefühlt, dass ich mitlachen musste.
Stark detaillierte, lange Reiseberichte
Insgesamt umfasst der Roman 13 lange Briefe. Sehr lange Briefe, um genau zu sein. Während ich zu Beginn des Romans noch von Neugier und Euphorie auf die Geschichte erfüllt war, legte sich diese Stimmung nach circa 150 Seiten zusehends. Denn es stellte sich eine gewisse Langatmigkeit ein. Hildegunst erklärt einfach jede lokale Besonderheit bis ins kleinste Detail. Was anfangs noch witzig war, begann für mich leider ermüdend zu werden. Die Berichte verloren an Witz. Besonders als der Protagonist die Regeln des Lokalsports ‚Kraakenfieken‘ genauer erklären wollte, ertappte ich mich bei dem Gedanken ‚Reicht jetzt!‘. Es waren einfach mittlerweile zu viele Feinheiten, auf die eingegangen wurde, die ich schlichtweg nicht mehr aufnehmen konnte. Irgendwie war es an der Zeit, dass der Reisebericht endlich abnahm und in eine interessante, spannende Handlung mündete. Es dauerte lange, aber irgendwann begannen auch die seltsamen Geschehnisse an Fahrt aufzunehmen und interessant zu werden.
Leider konnte mich „Die Insel der Tausend Leuchttürme“ trotz anfänglicher Begeisterung nicht bis zum Ende fesseln. Die Geschichte um Moers phantasievolle Wesen wurde in den letzten Kapiteln für mich irgendwann einfach zu skurril und verlor ihren Reiz auf mich.
Die Insel der Tausend Leuchttürme. Walter Moers. Penguin. 2023.
Ein Beitrag zum Themenjahr #MonsterBK.
Ich schreibe diesen Kommentar als absoluter Fan von Walter Moers und Zamonien und als jemand der alle Bücher die in Zamonien spielen, gelesen hat. Das vorneweg.
Ich bin sehr enttäuscht gewesen von diesem Buch. Am Ende aus ähnliche Gründen wie du. Es passiert im Endeffekt nichts in diesem Buch. Zumindest über einen sehr langen Zeitraum. Da hilft auch die düstere Atmosphäre nichts, die mich sehr an diverse Kurzgeschichten von Lovecraft erinnert haben. Und da ist auch schon ein Problem. Das eine sind Kurzgeschichten, das andere ist ein Roman der seine Stimmung zu sehr zerdehnt und dadurch am Ende weniger Stimmung hat als möglich gewesen wäre.
Das wäre aber vielleicht noch einigermaßen zu verkraften, wenn die Geschichte von Hildegunst nach all verlangen Zeit des Wartens gescheit weiter erzählt worden wäre und wenn die Welt von Zamonien noch so kohärent wäre, wie sie gerade noch enden ersten vier Romanen war.
Wie unterschiedlich Bücher doch aufgenommen werden. Ich habe das Buch zu 100 % geliebt, fand es weder langatmig noch ermüdend. 🙂
Kanntest du den vorher schon andere Zamonien-Romane?