Sabine Wirsching

von | 30.10.2014 | Buchpranger, Im Interview, Stadtgespräch

„Zusammen können wir die Macht der Bestseller-Listen und des Verlagsprofits ein bisschen schwächen!“, sagt Sabine Wirsching. Im Interview verrät sie Bücherstädterin Alexa, was hinter ihrem Projekt „Druckstaueffekt“ steckt und warum sie sich für Crowdfunding entschieden hat.

BK: Liebe Sabine, könntest du dich kurz unseren Lesern vorstellen? Wer bist du und was machst du?

SW: Wenn ich das so einfach beantworten könnte, würde ich wohl keine Bücher schreiben (lacht). Die Eckdaten sind zum Glück einfach: Ich bin 1983 geboren, komme aus der Nähe von Hannover und lebe inzwischen seit über sechs Jahren in meiner geliebten Wahlheimat Berlin. Ich habe Buchhändlerin gelernt, Germanistik studiert und arbeite heute als Storyteller für Online-Shops, als Bloggerin und Musikjournalistin für verschiedene Magazine.

BK: „Druckstaueffekt“ heißt der Titel deines neuen Werkes – wie kommt es zu diesem Titel?

SW: Ich war mit einem Freund auf einem Konzert und als die Band loslegte, hatten wir beide vom Bass dieses Druckgefühl auf dem Brustkorb. Ich finde das immer toll, aber er brüllte mir ins Ohr, dass ihn „dieser Druckstaueffekt“ völlig fertigmachen würde. Ich hörte das Wort und wusste sofort, dass es perfekt zur Geschichte passt. Immerhin drückt meiner Protagonistin auch so einiges aufs Herz, und dass viele bei dem Begriff an Sex denken, ist ja auch nicht ganz abwegig.

BK: Könntest du uns einen kurzen Einblick in die Geschichte deines Buches geben?

SW: Tatsächlich arbeite ich immer noch an einer Inhaltsangabe, die ich wie aus der Pistole geschossen präsentieren kann… Also, eigentlich geht es um zwei Dinge: Nämlich um die Tatsache, dass sich in Großstädten wie Berlin ein unverbindliches Beziehungsverhalten etabliert hat. Keiner scheint sich mehr so richtig einlassen zu wollen und zu können, weil es vermutlich einfach zu viele Möglichkeiten gibt. Davon erzähle ich aus Sicht meiner Protagonistin – und zwar gleich doppelt. Sie trennt sich im realen Leben von ihrem Freund, der sie zu sehr liebt, um sie ganz gehen zu lassen. Sie zieht trotzdem mit diversen Männern um die Häuser und zerstört sich dabei fast selbst. Wie es ausgeht, wird natürlich nicht verraten! Daneben gibt es eine Art märchenhafte Parallelgeschichte, die dafür sorgt, dass die Geschichte aus der klassisch-rosaroten Chick-Lit-Perspektive hervortritt.

BK: Wie war es für dich, an dieser Geschichte zu arbeiten? Hattest du bestimmte Vorgehensweisen, Rituale, Ideen, die du unbedingt umsetzen wolltest?

SW: Es klingt dumm und simpel, aber ich wollte einfach nur schreiben. Ich wollte in einer stillen Wohnung sitzen, von niemandem gestört werden und einen Roman beenden. Das habe ich auch quasi drei Jahre lang gemacht – mit geringfügigen Unterbrechungen wie arbeiten, umziehen oder schlafen (lacht).

BK: Nun soll das Buch veröffentlicht werden. Du versuchst, den Druck über Spenden zu finanzieren. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

SW: Ich bin von 17 Literaturagenturen abgelehnt worden und war schon völlig entmutigt als ich über den Blog des Autoren Matthias Engels vom kladde|buchverlag erfuhr: Dieser noch sehr junge Verlag aus Freiburg hat sich den Newcomern verpflichtet. Statt „unverlangt eingesandte Manuskripte“ (wie es sonst so schön heißt) unbekannter Autoren in den Müll zu kippen, stellen sie diese online ihrem potentiellen Publikum vor. Wenn das Manuskript gefällt, können Supporter das Ganze unterstützen – allerdings nicht mit reinen Spenden, sondern indem sie für ihr Geld eine Gegenleistung wie das Buch, eine Lesung oder wie bei mir besonderen Buch-Merchandise bekommen. Mitbestimmen, was gedruckt wird, ist hier die Zauberformel.

BK: Was passiert, wenn es nicht klappt? Wirst du andere Wege suchen, das Buch zu publizieren?

SW: Mittlerweile bin ich bei 94% und habe immer noch knapp 10 Tage, d.h. fast 1/5 der Zeit, um die letzten 300 Euro zusammenzukriegen. Ich brauche zum Glück also wohl keinen Plan B mehr. Stattdessen fange ich jetzt mit dem Verlag an zu überlegen, was wir bei einer möglichen Überfinanzierung machen wollen… jetzt werden so schöne Extras wie Lesereisen oder eine Banderole denkbar. Außerdem überlege ich mir nochmal feine Rewards für alle, die ab 100% dabei sind.

BK: Wie kann man das Projekt unterstützen? Und: Warum sollte man es tun?

SW: Der erste Teil der Antwort ist leicht: Einfach auf www.visionbakery.com/druckstaueffekt klicken, Buch vorbestellen bzw. Gegenleistung aussuchen und supporten! Der zweite Teil der Antwort ist allerdings eigentlich genauso einfach, wenn ich es mir recht überlege: So wird man Teil der Literaturszene. Punkt. Statt „nur“ zu konsumieren, kann man beim Crowdfunding mitbestimmen, was gedruckt wird. Man kann aktiv werden – und um es polemisch zu sagen: Zusammen können wir die Macht der Bestseller-Listen und des Verlagsprofits ein bisschen schwächen!

BK: Was und wo kann man mehr von dir lesen?

SW: Ich habe einen Blog unter sabinewirsching.com – er heißt Text, Mags, Rock’n’Roll und genau das gibt es dort: Neben der Vorstellung von Musik- oder Berlinartikeln aus meinem Portfolio veröffentliche ich dort meine Kurzgeschichten und außerdem gibt’s ein Reisetagebuch von einem sehr schönen, eindrucksreichen Urlaub in Tansania. Text, Mags, Rock’n’Roll gibt’s auch bei Facebook, natürlich, und als rocknrouletta bin ich bei Twitter unterwegs.

BK: Gibt es noch etwas, das du unseren Lesern mitteilen möchtest?

SW: Abgesehen davon, dass ich unendlich glücklich bin, wie großartig der „Druckstaueffekt“ unterstützt wird, freue ich mich darauf, bald endlich an meinem zweiten Roman weiterschreiben zu können!
Unter dem Arbeitstitel „Drei Worte“ geht es darin ebenfalls um Liebe: Die Geschichte wird dabei aus zwei Perspektiven erzählt, denn was mich besonders reizte, ist die oft vollkommen unterschiedliche Sicht zweier Personen auf ein und dieselbe Situation – wo decken sich Gefühle, wo sind die Unterschiede und was macht aus, dass sich gerade in Beziehungsfällen einer von beiden oftmals völlig verrennt, während der andere nahezu unbeteiligt bleibt? Deswegen auch der Titel „Drei Worte“ – denn von „ich liebe dich“ bis zu „ich hasse dich“ ist es oft gar nicht so weit.
Außerdem steckt noch mehr Berlin darin als im „Druckstaueffekt“, zum Beispiel erkunden die beiden Protagonisten den Teufelsberg oder den ehemaligen DDR-Freizeitpark Spreepark Plänterwald.

BK: Wir schließen das Interview mit unserer BK-Frage ab: Wenn du ein Buch wärst, welches wärst du?

SW: Oh. Vermutlich wäre ich Jack Kerouac „On The Road“: eine Endlospapierrolle mit dem hysterischen Lachen von Dean Moriarty und immer getrieben (lacht).

BK: Vielen Dank für das Interview!

SW: Ich danke dir!

Foto: privat

Alexa Sprawe

Alexa Sprawe

Alexa ist als Chefredakteurin an den verschiedensten Orten der Bücherstadt anzutreffen, vor allem dort, wo die Redaktionsmitglieder an neuen Ideen tüfteln, ein kritischer Blick auf Texte gefragt ist oder es um Gestaltungsfragen geht. Sie hat Germanistik und Kunst-Medien-Ästhetische Bildung an der Uni Bremen studiert und den Bücherstadt e.V. mitgegründet. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern in Halle an der Saale und ist als freiberufliche Kunst- und Medienpädagogin in unterschiedliche Projekte eingebunden.

6 Kommentare

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    Das Bild ist total schön! 🙂 (Und das Interview hat mir auch gefallen. Ich drück die Daumen für die letzten 6 %!)

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      es war mal wieder zeit für ein neues bild! das treppenhaus kennt ihr ja alle schon 😉

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    Made for walking is klasse und die roten Haare und so, ach ja und das lnterview auch… *lach*
    Ich dachte erst, ich wäre ein Atlas, der Reiselust wegen aber ich vermute Wimmelbuch triffts eher…

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      ob atlas oder wimmelbuch – das klingt beides doch sehr farbenfroh 😀
      vielen dank fürs kompliment! vielleicht ist ja auch mein roman was für dich… würde mich auf jeden fall sehr freuen.

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  1. “Druckstaueffekt”: Die ganze Story. | Text, Books, Rock'n'Roll. - […] Seite an Seite mit Benedict Wells und Rufus Beck im Bücherstadt Kurier […]

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