„Geh nicht in den Winterwald“ ist ein Pen & Paper-Rollenspiel, das in Deutschland 2020 vom System Matters-Verlag als 100-seitiges Heft herausgebracht wurde. Darin führt die Spielleitung drei bis vier Spielende durch eine winterliche Märchenlandschaft. Doch diese Art von Märchen hat selten ein Und wenn sie nicht gestorben sind… Geschichtenerzähler Adrian stellt euch das spielbare Märchen vor.
Eigentlich ist es im Dorf der Spielecharaktere ein ungeschriebenes Gesetzt: Geh nicht in den Winterwald. Dort lauern Monster, Teufel und der Wald selbst auf neue Opfer. Doch durch Verkettungen von Ereignissen treibt es immer wieder Personen in das malerisch wirkende Waldstück. Sobald es jedoch dämmert und die Schatten länger werden, läuft einem der erste Schauer über den Rücken. Ehe man sich versieht, scheint der Weg nicht mehr aus dem Wald herauszuführen, seltsame Geräusche locken oder verjagen einen und schließlich weiß man nicht einmal mehr, wo man ist.
Rollenspiel mit Erzählfokus
Bei einem Pen and Paper-Rollenspiel setzen sich etwa vier bis fünf Personen an einen Tisch und erleben und erzählen gemeinsam eine Geschichte. Eine Person übernimmt dabei die Spielleitung: Diese erklärt die Regeln, verkörpert die Welt und ihre Bewohner*innen und beschreibt die Szenen.
Die restlichen Anwesenden bewegen sich mithilfe konzipierter Charaktere in dieser Welt und stellen sich deren Herausforderungen. Anders als bei bekannteren Rollenspielen – wie etwa „Dungeons & Dragons“ – legt „Geh nicht in den Winterwald“ seinen Fokus mehr auf die Erzählung als auf komplexe Regeln. Es soll schnell in die Geschichte eingetaucht werden, die von Märchen wie „Hänsel & Gretel“ oder „Die Schneekönigin“ inspiriert ist.
Die Gebrüder Grimm & Co. lassen grüßen
„Geh nicht in den Winterwald“ erzählt eher düstere Märchen. Meist geht es um Flüche, Hexen sowie verzauberte Wälder und irgendwo wäscht eine alte Frau Därme.
Auch wenn das Setting des Regelheftes eine neugegründete Siedlung im 18. Jahrhundert der Vereinigten Staaten vorgibt, kann die Spielleitung das Dorf überall auf der Welt platzieren. Vielleicht an den Rand des Schwarzwaldes oder in das frostige Sibirien, wo Häuser auf Hühnerbeinen durch die Wälder streifen. Die im Heft genannten Inspirationen erwähnen unter anderem „Blair Witch Projekt“ oder „Sleepy Hollow“.
Die Regeln
Zum Spielen werden Karteikarten für die Charaktererschaffung, Stifte und Papier (Pen & Paper), mindestens ein sechsseitiger Würfel und beispielsweise Kieselsteine als Kältemarker benötigt. Die Charaktererschaffung ist schnell getan: einen Namen, eine Beschreibung und ein Motiv. Dann kann es losgehen.
Nach einem kurzen Prolog betreten die Spielecharaktere auch schon den Winterwald. Kaum haben sie dies getan, erhält jeder Charakter einen Kältemarker (Kieselstein) – diese werden immer mehr, je näher sie ihrem Ziel kommen und je mehr Schrecken sie im Wald erleben.
Gerät ein Charakter in eine gefährliche oder angsteinflößende Situation, muss seine Spieler*in den Würfel werfen. Übersteigt das Ergebnis die aktuellen Kältemarker des Charakters, übersteht dieser das Ereignis unbeschadet. Wenn nicht, steigt der Terror und mit ihm die Kältemarker. Erreicht ein Charakter sechs Kältemarker, ist es aus mit ihm beziehungsweise ihr.
Das richtige Spielgefühl
Das Regelheft erklärt einige Aspekte des Dorfes: Mode, (Aber-)Glaube, Technik, Optik und die Gesellschaft. Zudem gibt es einige Dorfweisheiten, wie rotes Garn, das um den Hals gebunden Schutz vor Geistern bieten soll.
Um noch besser in die Atmosphäre der Spielwelt einzutauchen, bietet das Heft eine Zahl von kurzen Sagen und Legenden, die von Hexen, Teufeln und mysteriösen Löchern im Boden erzählen.
Neben Tipps für die Spielleitung, um weitere Atmosphäre zu erzeugen, werden noch vier Szenarien geboten, mit denen die Gruppe sofort anfangen kann zu spielen. Jedes davon ist eine abgeschlossene Geschichte und bietet ein bis zwei Stunden Spielspaß. Diese sind recht klassisch gehalten: zum Beispiel ein Hexenfluch, Irrlichter und kindliche Mutproben – ja, man kann auch Kinder als Charaktere spielen. Neben Illustrationen, die an schaurige Märchenbücher erinnern, bietet das Regelheft auch Musiktipps, die für Stimmung und Atmosphäre sorgen.
Für erfahrene Spielleitungen und tragische Märchenfans
„Geh nicht in den Winterwald“ ist wie für dunkle Hebst- oder Winterabende gemacht. Am besten mit so wenig Licht wie möglich. Auch wenn die Spielenden nicht die Erfahrensten im Bereich Rollenspiele sein müssen, sollte die Spielleitung hier bereits damit vertraut sein, da sie etwas Erfahrung im Führen einer Rollenspielgruppe benötigt. Dieses System ist etwa für Halloween-Specials in Rollenspielrunden oder für Personen, die gerne düstere Märchen lesen und einmal selbst die Protagonist*innen sein wollen.
Geh nicht in den Winterwald. Autor und Design: Clint Krause. Übersetzung: Adrian Lauer. System Matters Verlag. 2020.
Ein Beitrag zur Todesstadt. Hier findet ihr alle Beiträge.
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