Bei den vielen Ideen, die mir im Kopf herumschwirren, müsste ich doch verrückt sein, mich künstlich zu beschränken.
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Thomas Finn wurde 1967 in Chicago (Amerika) geboren, lebt und arbeitet jedoch in Hamburg. Seine Schriftstellerkarriere begann schon in frühen Jahren in Form von „Das schwarze Auge“-Werken und begeistert noch heute junge, alte und jung-gebliebene Leser. Zu seinen größten Werken gehören die Trilogie „Chroniken der Nebelkriege“ und die „Astaria“-Trilogie. (Zu letzteren folgt eine ausführliche Rezension und eine Leseprobe in dieser Ausgabe.)
Allgemeine Informationen über den Autoren und Tipps für angehende Schriftsteller findet man auf seiner Homepage www.thomas-finn.de oder auf seiner Facebookseite.
Ihre schriftstellerische Laufbahn begann schon in jungen Jahren, als sie ein Fanmagazin zu dem Rollenspiel „Das schwarze Auge“ verfassten. Wie kam es dazu?
Ehrlich gesagt begannen die ersten schreiberischen Gehversuche sogar schon etwas früher, so mit 14 Jahren. Damals war ich begeisterter Leser der Grusel-Heftreihe „John Sinclair“ und habe mich damals selbst an zwei Horror-Kurzgeschichten versucht. Richtig los ging es dann 1984 mit der Entdeckung der Fantasy-Rollenspiele. Speziell mit DSA (Das schwarze Auge) und dem Cthulhu-Horrorrollenspiel, bei denen man mit seinen Mitspielern selbst spannende Abenteuer erleben kann. Damals war ich 17 Jahre alt. Die Abenteuer, die man sich für diese Spiele ausdenkt, sind recht arbeitsintensiv und doch kommt in der Regel nur die eigene Spielgruppe in den Genuss selbiger.
So entstand ab 1985, gemeinsam mit meinem Co-Herausgeber Hanke Penning, die Idee, ein Fanmagazin für Fantasy-Rollenspiele zu veröffentlichen, um all die Ideen aus den heimischen Spielrunden auch anderen Liebhabern dieses Hobbys zur Verfügung zu stellen. Neben Abenteuern und Sachartikel rund ums Hobby, kamen noch Rezensionen und Interviews hinzu – und plötzlich waren wir nicht bloß Rollenspiel-Autoren, sondern betätigten uns auch journalistisch. Von den damaligen Erfahrungen und den damit einhergehenden Kontakten (auch aus der Zeit, als ich später für professionelle Magazine geschrieben habe) profitiere ich heute noch.
Aufgrund der Liebe zu DSA, würden Sie sich selbst als passionierten Rollenspieler bezeichnen? Was ist ihr Lieblingssystem?
Ja, in jedem Fall. „Das schwarze Auge“ und „H.P. Lovecrafts Cthulhu“ gehören heute noch zu meinen favorisierten Titeln, ich weiß aber auch alle anderen Rollenspiele zu würdigen. Bis heute unterhalte ich eine regelmäßig stattfindende Rollenspielrunde und ich empfinde es als sehr befriedigend, dort abseits meiner beruflichen Tätigkeit, das ‘Geschichten erzählen‘ weiter als Hobby ausleben zu können. Dass dabei immer mal wieder Ideen und Dialoge für meine Romane abfallen, ist bei alledem ein angenehmer Nebeneffekt.
Erst in späteren Jahren verdienten Sie sich als freier Schriftsteller. Wie kam es zu dieser Wende im Leben? Immerhin sind Sie gelernter Volkswirt.
Tatsächlich habe ich eine Ausbildung als Werbekaufmann und anschließend ein Studium der VWL absolviert. Als ich dann mit dem Diplom fertig war und die Frage der Berufswahl anstand, wurde mir plötzlich klar, dass ich mir ein Leben als künftiger Werber gar nicht vorstellen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits an etwa 25 offiziellen Rollenspiel-Publikationen mitgewirkt, und ich musste mir eingestehen, dass mein Herz in Wahrheit nur für eine Sache schlug: das Geschichtenerzählen. Nur ist es gerade als Einsteiger nicht leicht, von dieser Leidenschaft auch leben zu können. Neben der Romanschreiberei habe ich daher zunächst 2 ½ Jahre als Lektor und Dramaturg in einem Drehbuch- und Theaterverlag gearbeitet und bin dort dann irgendwann auch selbst als Autor von bislang fünf verfilmten Drehbüchern und drei Theaterstücken in Erscheinung getreten. Um 2003/2004 gelang es mir dann aber, gänzlich als Romanautor Fuß zu fassen. Ein Job, der sehr anstrengend, aber auch sehr befriedigend ist.
In ihren beiden Ravensburger-Trilogien „Chroniken der Nebelkriege“ (Das unendliche Licht, Der eisige Schatten und Die letzte Flamme) und „Wächter von Astaria“ (Der letzte Paladin, Die flüsternde Stadt und Der brennende Berg) bedienen Sie sich als Weltkarte europäischer Länder und verändern nur die Namen von Ortschaften. Wie kamen Sie auf diese Idee? Spricht daraus eine Liebe zu unserer Welt?
Die grundsätzliche Idee hinter den Chroniken war, dass sich die Phantastik zwar gern der europäischen Märchen-und Sagenelemente bedient, aber die Welt, aus der diese stammen, selten ernst nimmt. Aus diesem Grund erschuf bei den ‚Chroniken der Nebelkriege‘ eine Bühne, die von Albion im Norden (ein alter Name für England) bis hinunter zum Alptraumgebirge reicht, in dem man unschwer die Alpen erkennen kann. Die Trilogie um die ‚Wächter von Astaria‘ hingegen bedient sich erzählerisch mancher Renaissance-Elemente, die in einer reinen Fantasywelt eher im luftleeren Raum stehen würden. Aus diesem Grund erschien mir ein deutlich verfremdetes Italien als Hintergrund schlüssig.
Nun haben Sie schon sowohl für Erwachsene, als auch für jugendliches Publikum geschrieben. Favorisieren Sie ein spezielles Publikum?
Nein. Ich liebe es, für ein breit aufgestelltes Publikum zu schreiben. An welchen Projekten ich dann konkret arbeite, ist eher abhängig von der jeweiligen Nachfrage. Glücklicherweise gehöre ich zu jenen Autoren, die von den Verlagen nicht auf eine spezielle Zielgruppe festgelegt werden. Für mich ist eine spannende Geschichte schlicht eine spannende Geschichte. Ob der Protagonist ein Teenager oder ein Mittvierziger ist, macht für mich ehrlich gesagt keinen großen Unterschied. Ich selbst lese ja auch alles mit Begeisterung, angefangen bei ‚Harry Potter‘ bis hin zu Richard Morgans ‚Das Unsterblichkeitsprogramm‘. Als Leser interessiert es mich eher, ob es der Autor versteht, eine interessante Geschichte auch interessant umzusetzen. Die Idee hinter einer Story muss stimmen. Manche Romanideen funktionieren besser mit jungen Protagonisten, andere besser mit älteren. Ich für meinen Teil bin sehr froh darüber, mir beim Ideenspinnen keine Fesseln anlegen zu müssen.
Werke wie „Weißer Schrecken“ oder „Mind Control“ verdeutlichen, dass Sie nicht allein der Fantasy verschrieben sind. Wie kommt es, dass sie genreübergreifend schreiben?
Der eine Grund ist schlicht jener, dass ich die Phantastik in all (!) ihren Spielarten liebe. Dazu gehört die High-Fantasy ebenso, wie der Horror oder die Science Fiction. Bei den vielen Ideen, die mir im Kopf herumschwirren, müsste ich doch verrückt sein, mich künstlich zu beschränken. Der andere Grund ist noch viel profaner: Ich kann es, also tue ich es! 🙂
Welche von Ihnen erfundene Figur ist Ihnen am liebsten und warum?
Ehrlich gesagt habe ich keinen ausgemachten Liebling. Hätte ich einen solchen, würde das zwangsläufig dazu führen, dass bestimmte andere Figuren erzählerisch ins Hintertreffen gerieten – wobei man als Autor natürlich immer etwas näher an den Hauptfiguren dran ist. Tatsächlich liebe ich alle meine Figuren, denn sonst würde ich sie nicht auftreten lassen. Wenn ich schreibe, dann versinke ich ganz in der Welt. Und so geht es mir auch mit den unterschiedlichen Protagonisten. Der Reiz beim Schreiben besteht für mich gerade darin, allen meinen Figuren entsprechende Screentime zuzubilligen und sie allesamt mit individuellen Herausforderungen auszustatten.
Figuren haben innerhalb einer Geschichte eben auch bestimmte Funktionen, was man als Schöpfer nie vergessen darf. Bei alledem schließe ich natürlich nicht aus, dass meine Leser die eine oder andere Figur vielleicht interessanter als andere finden. So ist mir durchaus bewusst, dass die Comic Relief-Figuren meist am besten ankommen, also jene eher komisch angelegten Figuren, die mit ihrem Verhalten und mit ihren Sprüchen kurzfristig dazu beitragen, die Spannung abzubauen. Die bereiten mir als Autor natürlich ebenfalls viel Spaß.
Kann man von Ihnen auch weiterhin mit neuen Werken rechnen, oder sind alle Ideen schon verarbeitet?
Ha ha – im letzteren Fall müsste ich mich ja einsargen lassen. Ernsthaft: Ich habe so viele Ideen, dass mein Leben nicht ausreicht, die alle zu Papier zu bringen. Ich kämpfe weniger mit Ideenlosigkeit, als damit, für all diese Ideen auch einen passenden Verlag zu finden. Manchmal muss man halt etwas warten, bis die Zeit für eine bestimmte Idee (markt)reif ist.
Dieses Jahr erscheinen noch zwei Kurzgeschichten aus meiner Feder, nächstes Jahr werden dann gleich zwei Romane von mir erscheinen. Der erste der beiden erscheint im Frühjahr 2013, trägt den Titel ‚Der silberne Traum‘ und führt den Leser wieder zurück in die Welt der „Chroniken der Nebelkriege“. Über den zweiten, der noch geschrieben werden will, kann ich mich derzeit noch nicht auslassen. Aber er ist natürlich ebenfalls phantastischer Natur und spielt in Deutschland.
Was machen Sie als Autor in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht an neuen Werken arbeiten?
Zu meinen Hobbys zählen Live- sowie Pen-&Paper-Rollenspiele, DVD- und Kinogenuss sowie gute Brettspiele. Außerdem genieße ich es, einen großen und aus vielen interessanten Menschen bestehenden Freundeskreis zu haben. Davon ab sagt man dem Stier gern nach, allen Genüssen des Lebens aufgeschlossen gegenüberzustehen – was sicher stimmt. 🙂
Wenn Sie ein Buch wären, was für eines wären Sie und warum?
Auch auf die Gefahr hin, dass du lachst: vermutlich ein Schreibratgeber. Der Grund ist, dass ich mich damals, zu Beginn meiner Schaffenszeit, fürchterlich über einen bestimmten Rollenspiel-Kollegen aufgeregt hatte, der mir trotz seiner dramaturgischen Erfahrung keine Antworten auf drängende Fragen gegeben hat. Der hat seine Erkenntnisse damals wie einen Staatsschatz gehütet und mir bloß ein gönnerhaftes Lächeln geschenkt. Damals habe ich mir geschworen, all mein Wissen über das Schreiben und das Geschichtenerzählen weiterzugeben, wann immer ich die Gelegenheit dazu erhalte. Denn ich gönne es wirklich jedem Neueinsteiger, in diesem wundervollen Beruf Tritt zu fassen.
An dieser Stelle sei mir daher etwas Werbung gestattet, denn zum Glück sehen das einige weitere namhafte Kollegen ebenso. So werde ich am 2.-4. November 2012 gemeinsam mit Markus Heitz, Thomas Plischke und Ole Johan Christiansen den Workshop „Grundlagen des professionellen Schreibens“ veranstalten. Das Ganze wird organisiert von „Ideenreich – der Kreativhof“ in Buchholz. Wer sich dafür interessiert, ist herzlich eingeladen, folgenden Link anzuklicken: http://www. ideenreich-kreativhof.de.
Welche Frage wollten Sie schon immer in einem Interview gestellt bekommen und wie wäre Ihre Antwort darauf?
Ha ha. Ich muss mir schon so viele Dinge einfallen lassen, da überlasse ich das Fragenstellen gern anderen. 🙂
Vielen Dank für das Interview und den netten Kontakt.
Ramona
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