In „Fuchs und Bär“ erzählt Miriam Körner von zwei Freunden, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Der Bär verweilt gerne in schönen Momenten. Der Fuchs setzt am liebsten leistungsorientiert neue Ideen um. Ein schönes Buch über Fortschritt und Nachhaltigkeit, mit kleinen Schwächen, findet Zeichensetzerin Alexa.
„Wäre es nicht schön, wenn wir nicht tagein, tagaus jagen und sammeln müssten?“, fragt der Fuchs eines Tages und überzeugt seinen Freund davon, Samen zu pflanzen und Käfige zu bauen. Um nicht mehr alles „mit den eigenen Pfoten machen“ zu müssen, bauen sie anschließend einen Eiersammler, einen Vogelfütterer, eine Bewässerungsanlage und einen Beerenpflücker. Sie fällen Bäume, um Dampfmaschinen anzufeuern, und bauen immer größere Maschinen. Keine Zeit mehr für Nickerchen, Sonnenuntergänge und Glühwürmchen.
„Wäre es nicht schön“, sagte Bär am nächsten Tag, „wenn wir nicht ständig immer arbeiten müssten?“ „Was würdest du denn dann den ganzen Tag machen?“, fragte Fuchs. „Ich würde in den Wald gehen und sammeln, was es zu sammeln gibt, und jagen, was es zu jagen gibt. Gegen Mittag würde ich ein Nickerchen auf meinem Lieblingsbaum machen […].“
Das sind Sätze, bei denen ich mich ertappt fühle, weil ich mir genauso wie der Fuchs nicht vorstellen kann, was man den ganzen Tag tun würde, wenn man nicht mehr arbeiten müsste. Ideen weiterentwickeln, Pläne machen, Projekte umsetzen – was ist falsch daran, viel zu arbeiten, wenn man es doch gerne macht? Müssen sich die Ansätze von Fuchs und Bär ausschließen? Ohne den Fuchs würde es keinen Fortschritt geben, und ohne den Bären könnten die ruhigen Momente, die Natur und ihre Schönheit, nicht wertgeschätzt werden.
Die Verknüpfung dieser Ansichten und Lebenseinstellungen hat mir im Buch gefehlt – den Fuchs als den ruhelosen Arbeiter darzustellen, der das Leben und die Natur anscheinend völlig aus den Augen verloren hat, und den Bären als den Kontrast dazu, ist mir zu einfach. Ich hätte mir einen lösungsorientierten Ausgang der Geschichte gewünscht, der Platz für Kompromisse lässt und Möglichkeiten aufzeigt, wie wir in unserer schnelllebigen Welt sowohl der Fuchs als auch der Bär sein können. Wie Fortschritt, Nachhaltigkeit und Natur verknüpft werden können.
Trotz dieser Kritik mag ich „Fuchs und Bär“ sehr. Die Wiederholungen von Textbausteinen passen hervorragend zur Geschichte, in der sich Arbeitsschritte und Gedanken wiederholen. Und besonders schön finde ich die Illustrationen in Paper-Cut-Optik, die aus Altkarton entstanden sind. Das Buch eignet sich wunderbar als Anreiz für Gespräche über Nachhaltigkeit, Natur und das Leben an sich, und stellt implizit die richtigen Fragen: Was brauchen wir wirklich? Wie wollen wir unseren Alltag gestalten? Was bedeutet Arbeit? Wie können wir die Umwelt schützen? Was macht uns glücklich?
Empfehlenswert ab 5 Jahren.
Fuchs und Bär. Miriam Körner. Oetinger. 2024. Ab 5 Jahren.
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