Die Würde des Menschen ist unantastbar. Selbst im Tod. Kai Weyland erzählt in „Applaus für Bronikowski“ gefühlvoll von Leben und Tod, der Macht der Wörter und davon wie wichtig es ist, nicht die Phantasie zu verlieren. Zeilenschwimmerin Ronja ist hingerissen und kann nicht verstehen, wieso dieses Buch nicht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2015 steht.
NC hat schon viele Berufe ausprobiert und ist nie lange irgendwo geblieben. Kurz nach seinem einunddreißigsten Geburtstag unternimmt er einen Spaziergang, dessen Weg er vom Zufall bestimmen lässt. So gelangt er in eine Bäckerei und bittet die Verkäuferin, ihm ein Gebäckstück und eine Straße zu empfehlen. Dass NC in der Holpenstraße eine neue Arbeit ausgerechnet in einem Bestattungsinstitut finden würde, hätte er nicht gedacht.
Allein das Wort Bestattungsinstitut verströmt für viele Menschen schon beim Hören Kälte, Trauer und auch Ekel vor dem, was in einem solchen Gebäude stattfindet. Wie viel Macht Worte über unsere Gedanken und Empfindungen haben, weiß auch NC. Doch erst durch die Arbeit als Bestattungshelfer lernt er, diese Macht einzusetzen, und was mit ‚Würde der Verstorbenen‘ gemeint ist. Die Natürlichkeit und Ruhe, in der die Toten und Bestattungen geschildert werden, wirkt beruhigend und zeigt, dass man vielleicht gar keine Angst vorm Tod zu haben braucht.
„Wenn es nach NC ginge, würden die Toten im mittleren Stockwerk untergebracht werden. So würde jeder einmal bei ihnen vorbeikommen, die auf dem Weg nach oben und die auf dem Weg nach unten. Wenn man dem Tod öfter begegnet, kann man vielleicht leichter Hallo sagen, wenn er einen irgendwann selbst besuchen kommt.“ (S. 129)
Charmant und mit einem Augenzwinkern erzählt Kai Weyand die Geschichte eines Mannes, der sich erst noch finden muss, aber in seiner manchmal auftretenden Kindlichkeit niemals nervtötend ist. Im Gegengenteil: Ein wenig kindliche Phantasie würde so manchem Erwachsenen gut tun. Gleichzeitig kann NC aber auch beinahe erschreckend ernsthaft sein, wenn er über Leben und Tod nachdenkt oder versucht die Würde der Menschen bis ins Grab zu erhalten.
„Applaus für Bronikowski“ ist ein Buch mit dem gewissen Etwas, das sich gar nicht so recht in Worte fassen lässt, wenn man davon erzählen möchte. Ein sprachlicher Genuss mit Nachdenklichkeit, Humor und einer beeindruckenden Geschichte, der die Auszeichnung mit dem Deutschen Buchpreis mehr als verdient hätte.
Applaus für Bronikowski, Kai Weyand, Wallstein Verlag, 2015
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