Ein weihnachtlicher Krimi-Klassiker in Bildern

von | 13.12.2024 | #litadvent, Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga, Specials

Isabelle Bottier und Callixte haben Agatha Christies weltberühmten Kriminalroman „Hercule Poirots Weihnachten“ im Comic neu erzählt. Buchstabenakobatin Melanie hat gespannt mitgerätselt.

Zugegeben, ich bin ein absoluter Agatha-Christie-Neuling. Zwar kenne ich die neueren Verfilmungen von „Der Tod auf dem Nil“ und „Mord im Orient-Express“ und selbstverständlich kenne ich die auch großartige Miss Marple aus Film und Fernsehen – doch ich habe bisher keinen der 66 Kriminalromane oder 14 Kurzgeschichten (was für eine Masse – Wahnsinn!) der britischen Schriftstellerin gelesen. Und auch die Figur des Hercule Poirot ist mir aus den Filmen nicht sehr eindrücklich in Erinnerung geblieben. Es wurde also höchste Zeit, dass ich mich näher mit der Kriminalautorin beschäftige. Den Anfang macht „Hercule Poirots Weihnachten“, das Isabelle Bottier und Callicte in diesem Herbst für den Carlsen Verlag in Comicform gebracht haben.

Worum es im 24. Kriminalroman der „Königin des Verbrechens“ geht? Familie, Geld, Streit, Misstrauen und einen Mord. Genauer: Die Familie Lee wird 1937 von ihrem tyrannischen Oberhaupt Simeon Lee zum Weihnachtsfest geladen. Doch statt in besinnlichen Festtagen, gipfelt das Familientreffen in der Ermordung des Gastgebers. Die Ermittlungen des belgischen Privatdetektivs Hercule Poirot offenbaren schnell, dass jeder einen Grund hatte, den alten Mann zu verachten und zu töten. Der Fall ist jedoch äußerst rätselhaft, denn Simeon Lees Leiche wird in einem verschlossenen Raum gefunden und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass der Täter bzw. die Täterin den Tatort verlassen hat.

Christies Krimi wird in dieser Adaption ausschließlich über die Figurenrede erzählt. Auf Rahmungen oder Erklärungen eines Erzählers wurde verzichtet. Dennoch kann man der Geschichte auch ohne Kenntnis des Originals gut folgen. Die Emotionen, die diese streitfreudige Familie durch die Feiertage und den Mordfall begleiten, werden im Bild durch die ausdrucksstarke Mimik der Figuren dargestellt. Bis zum Ende bleibt der Fall spannend. Es macht Spaß, mit den Ermittlern die Beziehungsgeflechte zu ergründen und den möglichen Beweggründen der Verdächtigen nachzuforschen.

Eine aufgeräumte, dabei jedoch keineswegs eintönige Panel-Struktur macht es auch ungeübten Comicleser*innen leicht, der Erzählung zu folgen. Unterschiedlich große Bildkästen mit und ohne Rahmen gestalten die Buchseiten abwechslungsreich. Bildlich erzählt wird in einer Kombination von Illustrationen, die in der Totalen einen Überblick über Handlungsort und Figuren geben, und Illustrationen, die die Protagonist*innen in der Nah- und Großaufnahme zeigen. Auf der Textebene fehlende Raum- und Figurenbeschreibungen werden auf diese Weise gelungen ins Bild gesetzt, ohne die Betrachter*innen zu überfrachten.

Obwohl Bilder und Texte viele Details enthalten und einiges über die Figuren und ihre Beziehungen zueinander verraten, haben mir stellenweise tiefergehende Figurenbeschreibungen und -informationen gefehlt – insbesondere in Bezug auf den titelgebenden Ermittler, über den wir in diesem Comic nur sehr wenig erfahren. Mich entlassen Isabelle Bottier und Callixte daher – obwohl ich nun weiß, wem Simeon Lee zum Opfer wurde – neugierig auf Agatha Christies Fassung des Kriminalfalls, die mich dem berühmten Ermittler eventuell etwas näherbringt.

„Hercule Poirots Weihnachten“ von Isabelle Bottier und Callicte ist trotz kleiner Kritik ein absolut zu empfehlendes Lese- und Schauvergnügen, für Christie-Neulinge wie mich und diejenigen, die altbekannte Figuren wiederentdecken möchten.

Hercule Poirots Weihnachten. Ein Poirot-Krimi. Nach dem Roman von Agatha Christie. Szenario: Isabelle Bettier. Zeichnungen und Farben: Callixte. Aus der Reihe „Agathe Christie Classics“. Carlsen Comic. 2024. Ab 12 Jahren.

Melanie Trolley

Melanie Trolley

Die Leidenschaft für das geschriebene Wort hat Melanie nach Bremen und dort an die Uni verschlagen. Das Studium der Germanistik hat ihr einen veränderten Blick auf Bekanntes ermöglicht, die Augen für Neues geöffnet und Begeisterung fürs Bilderbuch entfacht. Als Texterin arbeitet Melanie täglich daran, die richtigen Worte zu finden – im Beruf vorerst ohne literarische Berührungspunkte.

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