Es ist November und somit Zeit für den National Novel Writing Month. Inzwischen haben wir Schreibwütigen die erste Woche geschafft und ich will euch, wie versprochen, erzählen, wie es mir bei den ersten zehntausend Wörtern erging. – Von Satzhüterin Pia
Zu Anfang direkt die gute Nachricht: Ich bin noch dabei, ich bleibe am Ball, ich habe das Soll von 13.333 Wörtern an Tag acht überschritten. Immerhin! In der ersten Woche, möchte ich behaupten, zeichnet sich bereits ab, ob jemand dabei bleibt oder nicht. Eine Woche, um in den Text reinzukommen, bestenfalls eine Routine zu entwickeln und sich an das regelmäßige Schreiben zu gewöhnen.
Stichwort regelmäßig: Mit immenser Motivation habe ich die ersten drei Tage schwungvoll mehr geschrieben als das Tagessoll vorschreibt. Und dann? Dann kam ein Seminar an der Uni, welches mir das Wochenende und somit auch den Nano-Schnitt doch etwas versaut hat. Ich alter Nano-Hase habe die Gefahr erkannt und in einer Spätschicht am Sonntag alles wieder aufgeholt. Schon in den letzten Jahren (Ich war regelmäßig hinter dem Soll!) hat sich gezeigt, dass ich gut in Aufholsprints bin. Aber ich will es nicht beschreien und vor allem nicht darauf ankommen lassen. Und deswegen stehe ich brav jeden Morgen eine Stunde eher auf, um mit dem Nano in den Tag zu starten. Gut, ich will ehrlich zu euch sein, in meinem Zeugnis würde vielleicht doch eher „Sie war stets bemüht“ stehen. Aber immerhin!
Was schreibe ich eigentlich?
So eine kleine Reihe über den Nano ist wahrscheinlich erst dann richtig lesenswert, wenn ich euch auch ein bisschen über meine eigene Geschichte erzähle. Mal überlegen, was kann ich euch verraten, ohne zu viel preiszugeben?
Ich schreibe meine Geschichte aus dem letzten November weiter. 2015, ein schwarzes Nano-Jahr für mich, denn nachdem ich zweimal erfolgreich teilgenommen hatte, habe ich in dem Jahr bei etwa 31.000 Wörtern an Tag 23 aufgehört. Das Soll liegt hier schon bei über 38.000 Wörtern – das war auch für mich Aufholsprinterin zu viel. Aber es war auch ein guter November, denn nach zwei unwichtigen Geschichten, die mir kaum etwas bedeuteten, habe ich endlich eine gefunden, die ich zu Ende bringen will. Wenn nicht während des Nanos, so doch danach. „Jeden Tag ein bisschen! Hauptsache endlich dieses Buch einmal geschrieben haben!“ Diese Vorsätze hielten… nun, nicht wirklich lange.
Aber dann kam der Oktober 2016 (wie schnell das immer geht!) und ich wurde daran erinnert, dass der Nano vor der Tür steht. Und ich habe meine Geschichte wieder aus der – zum Glück nicht staubigen, weil digitalen – Schublade gekramt. Es ist bemerkenswert, wie gut die Figuren und die Handlung im Kopf geblieben sind. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten (den letzten Nano habe ich nämlich nicht erneut durchgelesen) war ich schon nach wenigen Tagen wieder so in der Geschichte drin, wie man zum Beispiel in sein Lieblingsbuch abtauchen kann. Oder in ein fesselndes neues Buch. Eigentlich ist es eine Mischung aus beidem: Obwohl ich weiß, wohin die Geschichte führen soll, habe ich keine Ahnung, wie sie genau weitergehen wird.
Meine Geschichte
Die Grundidee dreht sich um eine junge Frau im England des 19. Jahrhunderts. Wer an Jane Austen denkt, liegt falsch. Wer an Charlotte Brontes „Jane Eyre“ denkt, geht schon eher in die richtige Richtung. Meine Figur, Ann, ist eine Waise und lebt anfangs in einem Heim, einfach aber glücklich. Nun macht sie der wohlhabende, jedoch auch sterbenskranke Bruder ihrer toten Mutter ausfindig und will sie zu sich holen. Doch bevor sich die beiden kennenlernen dürfen, verstirbt er. Als neureiche Erbin könnte es ihr eigentlich richtig gut gehen. Doch sie muss einen Mann heiraten, den sie nicht liebt. Nicht nur, weil sie keine Gefühle für diesen Mann hat, sondern weil eben diese Gefühle ihrer Gefährtin aus dem Heim gehören.
Auf jeder Seite, die ich schreibe, werde ich neugieriger: Wie ergeht es einer jungen, homosexuellen Frau im England des 19. Jahrhunderts? Das Ende ist noch nicht geschrieben, nur so viel weiß ich schon: Es wird kein klassisches Happy-End, davon bin ich kein Fan und das halte ich auch für unrealistisch. Aber weder sie noch ihre Freundin werden sterben, denn selbst heute haben homosexuelle Menschen in Filmen, Serien und Büchern viel zu oft ein deprimierendes Schicksal. Die Schlussszene habe ich recht gut vor Augen, wenn ich mal nicht weiterkomme, schreibe ich einfach schon mal das Ende!
Tipps und Tricks aus Woche 1
Und weil der Austausch von Erfahrungen so wichtig ist, habe ich noch ein paar Tricks und Kniffe, die mir die Woche über beim Schreiben in den Sinn kamen.
Wenn du kannst und magst, schreibe auf Englisch. Während wir im Deutschen Komposita lieben und besonders Nomen zu regelrechten Wortgiganten (Stichwort „Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitänskajüte“) aufbauschen, wird im Englischen tendenziell alles lieber mit zwei oder mehr Wörtern benannt. Ein großer Vorteil bei einem Projekt, in dem Wörter gezählt werden!
Um einen besseren Überblick über den eigenen Wordcount zu behalten, hinterlege bisher Geschriebenes mit einer Farbe. Zum Beispiel dann, wenn du mit anderen Schreiberlingen sprintest. So musst du dir nicht merken, wo du angefangen hast oder mit zusätzlichen Absätzen arbeiten.
Beim Nano geht es um Quantität, aber auch wenn die Qualität (noch) nicht zählt, kann der Schreibfluss ohne konkrete Ideen und Vorstellungen nicht entstehen. Ein grober Handlungsbogen muss stehen! Du solltest deine Figuren kennen, also lege Charakterbögen an!
Und wenn du mal nicht weiterkommst, schau einfach andere Strukturen an. Gerne von etwas, was so gar nicht in deine Richtung geht. Ich könnte mir zum Beispiel Strukturen bei Star Wars angucken und sie auf meine Geschichte übertragen. Nicht zuletzt hilft das obligatorische Notizbuch. Szenen, die vielleicht erst später wichtig sind oder andere Ideen, die dir zum Beispiel in der Straßenbahn auf dem Weg zum Einkaufen einfallen, kannst du so festhalten und beim abendlichen Sprint wieder hervorholen.
Eine kleine Anekdote zum Schluss: Ich erzählte vorhin meiner Schwester von dem NaNoWriMo: „Es geht darum in einem Monat ein Buch, genauer 50.000 Wörter zu schreiben.“ Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann: „Ich glaub‘, ich würde mich umbringen.“
In diesem Sinne: Fröhliches Weiterschreiben!
Wer selbst beim Nano mitmacht und noch mehr Tipps für mich und alle anderen hat, möge uns doch in einem Kommentar daran teilhaben lassen!
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