Bunt, bunter, Herr Löwe

von | 06.11.2021 | Bilderbücher, Buchpranger

Der stolze Herr Löwe kommt sich beim Betreten des farbintensiven Dschungels regelrecht grau vor. Da muss etwas getan werden! Auf seiner Suche nach der richtigen Farbe für ihn, lernt er viel über die Farbenlehre und am Ende Einiges über sich selbst. Satzhüterin Pia hat das Buch nicht komplett überzeugt.

Er ist der König der Tiere, aber er findet, dass man ihm dies nicht ansieht: Zwischen den bunten Papageien und Affen, den schillernden Blumen und den knalligen Faltern sieht sein gelb-braunes Fell ziemlich öde aus. Auf jeder Doppelseite entdeckt der Löwe eine neue Farbe, die vermeintlich perfekt zu ihm passt. Leider machen ihn die roten Beeren aber nur orange und das blaue Wasser färbt ihn … grün!

Kunterbunte Reise durch die Welt der Farben

Damit geht das Bilderbuch über die Grundfarben hinaus und thematisiert die Farbenlehre. Für das Verständnis der gereimten Texte und auch für die Bilder (zum Beispiel, wenn der Löwe die bunte Fellfarbe wieder auspinkelt) brauchen die Kinder ein gewisses Abstraktionsniveau. Im Kindergartenalter passen das große Format, die dünnen Seiten und die knifflige Farbmischerei sicherlich besser als für kleinere Kinder. Das Buch animiert dazu, das Mischen selbst auszuprobieren und ihre erste Farbenlehre zu erkunden.

„Am besten ist man einfach so, wie man ist.“

Bei den Farben und den ulkigen Versuchen des unzufriedenen Löwen bleibt es nicht. „Am besten ist man einfach so, wie man ist“, heißt es am Schluss. Eine Moral, die sich derzeit in vielen Bilderbüchern findet. Kann ich prinzipiell nur befürworten, hier finde ich es aber nicht gelungen: Zum einen werden den Farben teilweise problematische Klischees zugeschrieben („Denn Blau ist die Farbe für den starken Mann“), zum anderen schwingt so ein Hauch von „Du musst dir treu bleiben, selbst bei der Haarfarbe“ bei alldem mit – und da gehe ich dann nicht mehr mit. Natürlich soll man sich nicht verstellen und sich selbst treu bleiben (generell noch schwierig zu verstehen für Kinder in dem Alter), aber nur weil sich jemand die Haare färbt, verliert er sich nicht gleich selbst.

Kein Respekt für bunte Löwen?

Ich stolpere außerdem über die Logik dahinter, dass die Tiere des Dschungels dem bunten Löwen keinen Respekt entgegenbringen. Das Bilderbuch endet mit einem von Tieren umringten Löwen, der einen Flunsch zieht und ganz offensichtlich nicht der schöne und bunte König der Tiere ist, der er gerne sein wollte. Irgendwie würde ich mir wünschen, dass eine derartige Moral der Geschichte aus einem selbst kommt und nicht, weil man sich selbst zwar schön findet, aber andere einem keinen Respekt mehr entgegenbringen – nur weil man bunt ist? So einfach ist das schließlich nicht.

„Herr Löwe trägt heut‘ bunt“ ist ein unterhaltsames und farbenfrohes Bilderbuch, das durchaus kreativ und spielerisch an die Farbenlehre heranführt. Die Moral am Ende hätte es jedoch nicht gebraucht – sie ist letztendlich unlogisch und kontraproduktiv.

Herr Löwe trägt heut‘ bunt. Nastja Holtfreter. Magellan. 2021. BK-Altersempfehlung: ab 4 Jahre.

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