Ich glaube, ich spinne, schon wieder dieser Clown

von | 25.10.2019 | #Todesstadt, Filme, Filmtheater, Specials

Nachdem 2017 der erste Teil der Neuverfilmung von Stephen Kings Kultklassiker „Es“ große Erfolge feiern konnte, kommt 2019 nun Teil zwei des Horrorerfolgs in die Kinos. Erneut sitzt Andy Muschietti auf dem Regiestuhl und Geschichtenerzähler Adrian sowie Geschichtenzeichnerin Celina gucken, wie es rund um den Kampf der Verlierer gegen den Clown weitergeht.

27 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils regt sich wieder etwas Böses in der Kleinstadt Derry. Nachdem der homosexuelle Adrian Mellon erst zusammengeschlagen und dann von einer Brücke in einen Fluss geworfen wurde, zieht ihn Horrorclown Pennywise (Bill Skarsgård) aus dem Fluss und reißt ihm anschließend das Herz heraus.

Als Mike Hanlon (Isaiah Mustafa), der als einziges Mitglied des Klubs der Verlierer in Derry geblieben ist, zum Tatort geht, findet er nicht nur eine riesige Menge roter Ballons vor, die unter der Brücke schweben, sondern auch die in Blut geschriebenen Worte „Come home“.

Nun sicher, dass der Horrorclown zurückgekehrt ist, informiert Mike sofort die restlichen Mitglieder des Klubs, um diese zurück nach Derry zu holen und Pennywise ein für alle Mal zu besiegen. Es bahnt sich eine weitere Gefahr für die Gruppe an, denn der ehemalige Schul-Bully Henry Bowers (Teach Grant) ist aus der psychiatrischen Einrichtung ausgebrochen.

27 Jahre später

Eine Zeitspanne von beinahe drei Jahrzehnten geht an niemandem spurenlos vorbei, auch nicht an unseren Helden aus dem ersten Teil. Bill „Stotter-Bill“ Denbrough (James McAvoy) ist mittlerweile ein gefeierter Autor – der eine Tradition von King fortsetzt, immer wieder Schriftstellerfiguren durch seinen Horror zu schicken. Während Ben Hanscom (Jay Ryan) als Architekt tätig ist, arbeitet Eddie Kaspbrak (James Ransone) bei einer Versicherung und Richie Tozier (Bill Hader) hat sich eine erfolgreiche Stand-Up-Comedian-Show hochgezogen. Beverly Marsh (Jessica Chastain) hat sich, trotz ihrer Vergangenheit mit einem gewalttätigen Vater, einen Mann gesucht, dem ebenfalls leicht die Hand ausrutscht.

Von Mike Stanley Uris (Andy Bean) erfährt man hingegen kaum etwas, außer dass ihn der Anruf in solch eine Furcht versetzt, dass er sich in der Badewanne umbringt. Auch Bowers haben die Jahre innerhalb der Klinik nicht gut getan. War er im ersten Teil einfach nur ein Arsch, ist er nun ein komplett verrückter Arsch.

Anders als damals

Einer der prägnantesten Unterschiede zwischen Film und Buchvorlage ist wohl die Zeit, in der die Geschichte spielt. Ereignete sich der finale Kampf gegen Pennywise im Buch noch in den Jahren 1984/’85, wurde die Handlung im Film ins Jahr 2016 verlegt. Dies hat zur Folge, dass alles moderner aussieht und somit näher dran ist für die Zuschauer.

Zudem wurde etwas an den Biographien der Protagonisten herumgeschraubt. So leitete Eddie in Kings Buch ein Chauffeur-Unternehmen, während Richie sein Geld als Radiomoderator verdiente. Stans sowie Beverlys Berufe wurden im Film komplett weggelassen. Nur eine kleine Anspielung von Bill, dass der halbe Kleiderschrank seiner Frau aus Beverlys Kollektionen besteht, lässt darauf schließen, dass sie Modedesignerin ist.

Allgemein wird klar zwischen Derry und der Außenwelt getrennt. Weder reist Bills Frau in der 2019er-Fassung mit nach Derry, noch macht Beverlys Ehemann der Gruppe das Leben schwer. Es gibt noch einige weitere Änderungen, deren Erwähnung Spoiler für eben jene enthalten könnte, die die Geschichte um „Es“ noch nicht kennen. Jedoch sei der Running-Gag genannt, dass Bills Bücher zwar ziemlich gut sind, die Enden jedoch ziemlich schlecht. Selbst der Cameo-Auftritt von Stephen King führt diesen Gag weiter und thematisiert die Kritik an seinen eigenen Werken. Dies lässt erahnen, dass hier nicht alles so endet wie im Buch.

Gut aussehen im Filmkorsett

Ein über 1000 Seiten langes Buch in zwei Filme zu adaptieren, ist keine leichte Aufgabe. Da müssen Abstriche gemacht und Details verändert werden und dennoch muss klar erkennbar sein, dass es sich um eben jenes Buch handelt – in diesem Fall „Es“.

Drehbuchautor Gary Dauberman hat hier eine grandiose Arbeit geleistet. Auch wenn die Änderungen Kennern des Buches ins Auge springen, bleibt der Film trotzdem nah an der Vorlage. Die Hauptthemen Angst und wie die Vergangenheit auch die Zukunft beeinflusst werden hier wunderbar weitergeführt. Es geht um Erinnerungen und Altlasten, die wiedergefunden und besiegt werden müssen.

Gelebte Atmosphäre

Schnell wird klar, dass Es auf Blut und Rache aus ist und dies demonstriert Pennywise gelungen in seinen Versuchen, die Klubmitglieder durch ihre Ängste in die Verzweiflung zu treiben. Das erste Wiedersehen der Verlierer in einem China-Restaurant zeigt dies wunderbar und stellt gut auf den Horror ein, der noch folgen soll.

Auch für die Protagonisten und die Protagonistin löst jene Rückkehr an den Ort ihrer Kindheit angenehme sowie unangenehme Gefühle aus und dies wird umso verstärkt, da sie, für den Sieg über Es Mementos aus ihrer Vergangenheit wiederbeschaffen müssen. Allein die Szene, in der Beverly in ihre alte Wohnung zurückkehrt, ist eine Achterbahnfahrt der Emotionen. Diese werden wunderbar auf den Zuschauer übertragen, indem es immer wieder zu Rückblenden kommt.

Allgemein wird diese unangenehme Atmosphäre, die über Derry schwebt, lebhaft von den Klubmitgliedern widergespiegelt. Aber „Es Kapitel 2“ bietet ebenso schöne Erinnerungen, vor allem wenn die Klubmitglieder zusammenagieren – ob in der Gegenwart oder in Rückblenden. Zudem lockern unter anderem Richies Witze und Zynik die Stimmung passend auf, ziehen die Handlung jedoch nicht ins Lächerliche.

Langsamer Jump-Scare-Horror

Auch wenn die Begriffe langsam und Jump-Scare erst einmal nicht zusammenpassen wollen, ist es Regisseur Andy Muschietti gelungen, den Horror so zu inszenieren, dass er langsam genug ist, damit sich die Zuschauer darauf vorbereiten können. Andererseits gibt er genug Energie in seine Schocker, dass ein angenehmes Gleichgewicht zwischen gruseln und erschrecken herrscht.

Zusammen mit den stark atmosphärischen Szenenbildern wird hier ein passender und stabiler Horror präsentiert, in dem es Spaß macht, sich zu gruseln. Beispielsweise der schon angesprochene Besuch von Beverly in ihrer alten Wohnung, ebenso wie die Szenen im Horrorhaus, gehören zu den unheimlichen und atmosphärischen Höhepunkten des Films.

Gelungene Fortsetzung

„Es Kapitel 2“ setzt keine neuen Maßstäbe im Horrorfilm-Genre, überzeugt aber mit gruseligen und atmosphärischen Szenen. Auch wenn das Adaptieren auf Leinwand einige Änderungen in der Geschichte erfordert hat, so transportiert der Film dennoch die Grundstimmung des Buches. Allgemein führt der Film den ersten Teil in beinahe drei Stunden erlebnisreich fort sowie zu einem befriedigenden Ende und ist somit auf jeden Fall empfehlenswert.

Es Kapitel 2. Regie: Andy Muschietti. Drehbuch: Gary Dauberman. Mit: James McAvoy, Jessica Chastain, Bill Skarsgård u.a. Warner Bros. 2019.

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #Todesstadt. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]

Bild: Copyright 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. Brooke Palmer / Illustration: Geschichtenzeichnerin Celina

 

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