„It ends with us“ – Wenn die Liebe zum Alptraum wird

von | 31.08.2024 | Filme, Filmtheater

Der Film „It ends with us – Nur noch ein einziges Mal“ ist die Filmadaption des gleichnamigen Bestsellers von Colleen Hoover. Die Geschichte dreht sich um eine Beziehung, die in ein toxisches Verhältnis abrutscht, in der Gewalt und Missbrauch Überhand nehmen. Schafft es der Film, dem Anspruch dieser sensiblen Themen gerecht zu werden? Nur bedingt, findet Bücherstädterin Luisa.

Zu sagen, die Autorin Colleen Hoover wäre „erfolgreich“, ist wohl eine maßlose Untertreibung. Es ist unbestreitbar, dass sie inzwischen die Literaturbranche dominiert. Ihre Bücher wurden über 20 Millionen Mal verkauft und halten sich schon seit Jahren auf den Beststellerlisten – 2023 wurde die Autorin dafür sogar vom Times-Magazine in die Liste der 100 einflussreichsten Personen aufgenommen. Und auch auf den sozialen Medien, vor allem auf „booktok“, haben ihre Bücher dank ihrer devotischen Fans schnell enorm an Popularität gewonnen.

Lily und Ryle – und Atlas

Jetzt ist erstmals eines ihrer Bücher verfilmt worden: „It ends with us – Nur noch ein einziges Mal“ erschien am 9. August in den USA und stürmte sofort die Kino-Charts. Auch in Deutschland und Österreich, wo der Kinostart am 15. August war, verspricht der Film bereits zum Kino-Hit zu werden. Regie führt Justin Baldoni, der auch einen der Hauptcharaktere spielt. Vermarktet wird der Film oft als romantisches Drama, doch aufgearbeitet werden sollen vor allem auch sensible Themen wie häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch.

„It ends with us“ dreht sich um Lily, eine junge Frau in ihren 30ern, die nach Boston zieht, um sich dort ihren Lebenstraum zu erfüllen und einen Blumenladen zu eröffnen. Zufällig lernt sie den charmanten Neurochirurgen Ryle kennen, die beiden werden nach kurzem Hin und Her ein Paar und heiraten schließlich auch. Doch das Glück ist nicht so stabil, wie es anfangs scheint und Ryle entwickelt sich mit seinem unberechenbaren und gewalttätigen Verhalten immer mehr zu einer Gefahr für Lily. Als diese auf ihre verflossene Jugendliebe Atlas trifft, spitzt sich die Situation immer weiter zu …

Gewalt in der Partnerschaft

Die Beziehung, die Ryle und Lily miteinander führen, ist toxisch und durchdrungen von Gewalt und Missbrauch gegen und an Lily. Das Thema ist aktuell und stellt auch in Deutschland ein akutes Problem dar: Mit 79,2% richtet sich Gewalt in der Partnerschaft vor allem gegen Frauen, alle 4 Minuten wird eine Frau in Deutschland Opfer von Gewalt durch ihren Partner oder Expartner (Stand 2023).[1] – Es ist wichtig, dass wir über solche Dinge gesamtgesellschaftlich reden können und der Film bietet theoretisch einen guten Startpunkt, um Licht auf ein Problem zu werfen, das gerne mal totgeschwiegen wird.

Lily schafft es aus eigener Kraft, sich von der Beziehung zu lösen. Sie verklärt Ryles Gewalt anfangs zwar als bloßes Versehen oder Ausrutscher (ein Schutzmechanismus, der vollkommen verständlich ist), schafft es aber letztendlich, sich aus der toxischen Gewaltspirale zu lösen und sich aus der Beziehung zu befreien. Die Darstellung der Opfer-Täter-Beziehung ist hier stellenweise gut gelungen: Wir sehen die widersprüchliche Spaltung in Ryles Verhalten, der in einem Moment warm, hingebungsvoll und zärtlich sein kann und im anderen gewalttätig und aufbrausend. Die zwei Seiten, von denen er sich Lily zeigt, stehen im unübersichtlichen Wechselspiel miteinander. Das zeigt deutlich, wie manipulativ Gewalttäter agieren können, um ihre Taten vor den Opfern zu rechtfertigen, damit diese ihr Verhalten tolerieren. Die plötzlichen Eifersuchtsattacken, Stimmungsschwankungen und Gewaltausbrüche machen es Lily so am Anfang schwer, Ryles Verhalten einzuordnen und zu problematisieren.

Die Darstellung Ryles

Theoretisch klingt das alles gut, doch „It ends with us“ wird diesen Anforderungen meiner Meinung nach auf vielen anderen Ebenen nicht gerecht. Ein großer Kritikpunkt ist hier für mich die Darstellung des Täters: Wieso erfahren wir kurz nach seinen Taten von seiner traumatischen Kindheit? Ist das relevant? Es wirkt so, als würde man hiermit versuchen, eine Entschuldigung für Ryles Verhalten zu finden, etwas, das mit den Zuschauer*innen resoniert und sie Mitleid mit dem verletzten Mann empfinden lässt – eine Darstellung, die bei seiner Gewalttätigkeit und Rolle im Film eigentlich völlig fehl am Platz ist.

Als Kontrast zu Ryle gibt es dafür immerhin die Figur des Atlas, der zwar auch eine schwere Vergangenheit hinter sich hat, deswegen aber weder gewalttätig noch übergriffig wird. Dieser Gegenentwurf wird meiner Meinung nach im Film aber viel zu wenig betont.

Zwischen Romantisierung und Verharmlosung

Auch den Vorwurf der Romantisierung einer toxischen Beziehung, der Colleen Hoover oft gemacht wird, kann ich nachvollziehen. Zwar verlässt Lily ihren toxischen Ehemann, aber es gestaltet sich für sie sehr einfach, die Beziehung zu verlassen – als sie sich später noch einmal mit ihm trifft, fleht er sie zwar an, wieder mit ihm zusammenzukommen, zeigt jedoch Einsicht, als sie ihn erneut abweist, und belästigt sie nicht weiter.

Es gibt eine Szene (am Ende des Films) im Krankenhaus, in der Lily Ryle sanft durch die Haare streichelt:  Für mich hat das den bitteren Beigeschmack einer Nachahmung des idyllischen Familienglücks, was so gar nicht zu dem Ryle passt, den wir in der Mitte des Films kennengelernt haben. Als Lily ihm im Krankenhauszimmer dann wieder sagt, er solle gehen, sieht er ihre Einwände ein, geht und stellt keine weiteren Forderungen.

Kritik an der Trennung

Obwohl ich es gut finde, dass Lily standhaft bleibt und sich nicht endgültig mit ihm verträgt, relativiert und untergräbt der Film so doch die Gefahren, die solch eine Trennung mit sich bringt – Vergewaltigung und sexuelle Nötigung kommen vor allem in ehemaligen Partnerschaften vor1 und allein im Jahr 2024 gab es deutschlandweit über 50 Femizide, bei denen ein großer Teil der Frauen von ihren Expartnern getötet wurde[2]. Vor allem bei Frauen, die selbst in einer gewalttätigen Partnerschaft gelebt haben und den Film sehen, könnten so Schuldgefühle erzeugt werden, weil sie es nicht früher aus der Beziehung geschafft haben, oder nicht so mutig und zielstrebig vorgegangen sind wie Lily – oft ist das für die Frauen aber einfach nicht möglich. Für das Bild, das sich die Gesamtgesellschaft von Partnerschaftsgewalt macht, hilft es da auch nicht, dass Lily die Trennung ohne Probleme durchlief.

Vermischt man die beiden Kritikpunkte (das vergleichsweise einfache Entkommen aus der Beziehung und der ständige Bezug auf Ryles Kindheitstrauma) wird Ryle gegen Ende des Films sogar fast zum „guten“ Typen stilisiert, der einfach ein wenig Hilfe und Unterstützung benötigt, für den man Verständnis aufbringen und Empathie und vielleicht sogar Mitleid empfinden kann. Die Gewalttätigkeit Ryles wird so verharmlost und ich finde diese Darstellung sehr problematisch.

Fazit: Interessant, aber kein Meisterwerk

Zudem ist die Gestaltung der Charaktere meiner Meinung nach sehr eindimensional – sie erscheinen alle ein bisschen gestellt, es mangelt an Substanz und die Dialoge wirken unnatürlich, künstlich und sind stellenweise wirklich langweilig. Vor allem zu Anfang zieht sich der Film sehr, die Kennenlern- und Sexszenen nehmen sehr viel Raum ein und so verliert die Geschichte stellenweise an der Tiefe, die er bei dem Thema dringend nötig gehabt hätte. Man merkt, dass es um Profitmacherei und nicht um Kunst geht.

„It ends with us“ ist kein Ausdruck eines schöpferischen Geists, sondern orientiert an der bestmöglichen Vermarktung, um ihn zum Hit zu machen. Daran ist per se nichts auszusetzen, aber bei einem Film, der um das Thema Gewalt in der Partnerschaft (an Frauen) aufgebaut ist, wäre es wirklich wichtig gewesen, sich in die Protagonistin, ihre Lebensgeschichte, ihre Träume, Traumata, Ängste und ihren Kampf zurück in die Normalität und Freiheit einfühlen zu können.

Alles in allem greift die Verfilmung von „It ends with us“ ein bedeutsames Thema auf und es ist wichtig, dass Medien zu diesen Themen produziert werden. Aber die Umsetzung der Geschichte ist auf vielen Ebenen mangelhaft und problematisch. Der Film ist nicht furchtbar, aber eben auch nicht gut, an vielen Stellen geschmacklos und definitiv kein Meisterwerk.

It ends with us – Nur noch ein einziges Mal. Regie: Justin Baldoni. Drehbuch: Justin Baldoni, Cristy Hall, Colleen Hoover. Mit: Blake Lively, Justin Baldoni, Brandon Sklenar, Jenny Slate u.a.. Sony Pictures. USA. 2024. // Bild: Sony Pictures


[1] https://unwomen.de/gewalt-gegen-frauen-in-deutschland/

[2] https://www.instagram.com/femizide_stoppen/?igsh=MWNlaXF1aGNyb3ZzaA%3D%3D

Luisa Rinsch

Luisa Rinsch

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