Nachdem Publisher Square Enix die „Tomb Raider“-Marke 2009 von Eidos Interactive übernommen hatte, erschien 2013 ein Reboot der Reihe mit einer deutlichen jüngeren Lara, welcher mit dem dritten Teil 2018 den Reboot-Story-Arc abgeschlossen hat. Geschichtenerzähler Adrian und Geschichtenzeichnerin Celina haben Miss Croft auf ihrem neuen Abenteuer begleitet.
Zusammen mit einer Crew bricht die junge Archäologin Lara Croft im ersten Teil des „Tomb Raider“-Reboots zur sagenumwobenen Insel Yamatai auf. Zwar hatte sie schon ein Abenteuer erwartet, doch als Lara nach einem Schiffbruch am Strand von Yamatai aufwacht, sieht sie sich mit weit Größerem als alten Ruinen und Knochen konfrontiert. Eine Sekte herrscht brutal über die Insel und die legendäre Königin Himiko scheint nicht gerade unbeteiligt an den vielen Toten zu sein. Also heißt es Crew zusammensammeln und von der Insel verschwinden, jedoch steht zwischen Lara und diesem Ziel ein langer, beschwerlicher Weg voller Gefahren und Niederlagen.
Nach einem Zeitsprung findet man sich 2015 in „Rise of the Tomb Raider“ in Sibirien wieder. Zusammen mit dem ehemaligen Schiffskoch Jonah ist Lara Corft unterwegs nach Kitesch, ein weiterer, sagenumwobener Ort, an dem es eine heilige Quelle geben soll, welche Unsterblichkeit gewährt. Lara folgt nicht nur dem Erbe ihres Vaters, dessen letzte Expedition eben jene heilige Quelle suchte, ebenfalls tritt ihr mit der Trinity-Organisation ein neuer, großer Feind entgegen.
2018 folgte mit „Shadow of the Tomb Raider“ der dritte und finale Teil der „Tomb Raider“-Reboot-Trilogie. Dieses Mal ging es ab in den Dschungel, und zwar nach Südamerika. Mit einem fatalen Fehler leitet Lara die Apokalypse durch eine Maya-Prophezeiung ein und versucht nun das Schicksal umzukehren. In der geheimen Maya-Stadt Paititi findet sie nicht nur die Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen, sondern trifft endlich auf Trinitys obersten Anführer, Doktor Domingez.
Mission: Reboot… erfolgreich
Die größte Skepsis, die über das Reboot von 2013 herrschte, war wohl, Lara Croft wieder in ihre 20er zu verjüngen. Jung, naiv, das ist nicht mehr die Akimbo-schießende – Akimbo heißt hier: mit zwei Pistolen gleichzeitig – Lara, die man kennt. Nein, es ist wirklich eine neue Lara. Jedoch ist das nicht schlecht, denn ein Neuanfang braucht auch neue Ideen und neben der Verjüngungskur werden nicht nur die beiden Pistolen als Hauptwaffen von Pfeil und Bogen abgelöst, sondern unter anderem ebenso die Weltstruktur geändert.
Reiste Lara in den ersten Teilen noch durch die halbe Welt – von Afrika über Japan nach Tibet – beschränkt man sich in der Reboot-Trilogie pro Teil auf ein großes Einzelgebiet, welches als Open World aufgebaut ist. Dies schränkt zwar etwas die Abwechslung ein – schließlich reist man nicht mehr von Japan nach Russland und bis nach Atlantis – jedoch minimiert es das lineare Abklappern von Locations und sorgt so immer wieder für Entschleunigung.
Vorbilder und frischer Wind
Während der Anfang des Action-Archäologie-Genres noch im Kino bei „Indiana Jones“ lag, war es „Tomb Raider“, das die Fackel von Spielbergs Idee einer Neuinterpretation dieses Berufes würdig in den Bereich der Videospiele trug. Nachdem es 2008 etwas still um die Abenteuerin mit der großen Oberweite geworden war, hielt Protagonist Nathan Drake in der „Uncharted“-Reihe die Fackel am Brennen, bis Lara sie schließlich wiederbekam.
Zwar ist klar zu sehen, wie viel das Reboot von „Uncharted“ übernommen hat, im Negativen etwa das Verkommen von Gegnern zu Schießbudenfiguren, jedoch ist es gerade der Sprung in die Open World, der „Tomb Raider“ 2013 einen großen Vorsprung verschaffte und dem man in den nächsten Teilen treu blieb: ein Bezugsaufbau zur Spielwelt sowie die Lust zu erkunden, wie es ein Action-Adventure bieten sollte. Auch das Integrieren einer Schleichmechanik sagt einer größeren Spielerschaft zu und erhöht ebenso den Wiederspielwert – erstmal laut, dann leise.
Angenehmes World-building
Die Open World von „Tomb Raider“ baut sich recht abwechslungsreich auf. Lineare Schläuche wechseln sich mit größeren, offeneren Gebieten ab, welche immer wieder besucht werden können und auch dazu einladen. So wird eine Welt geschaffen, die einen als Spielenden immer wieder für den Story-Fortschritt an die Hand nimmt und dennoch genug Möglichkeiten bietet, der Action zu entkommen.
Die Reboot-Trilogie erzeugt somit ein ausgeglichenes Spielgefühl von Action und Entschleunigung, in einer Welt, von deren schierer Größe man nicht erschlagen wird und neben der Freiheit nicht die Wichtigkeit des primären Erzählstrangs aus den Augen verliert. Hieran sollten sich einige Open-World-Spiele ein Beispiel nehmen, denn größer ist nicht gleich besser – ja, „Bethesda“, du bist damit gemeint.
Gelungene Beschäftigungstherapie
Natürlich ist die große Herausforderung in einer Open World, diese auch zu füllen. Nicht nur mit Menschen, Tieren oder abwechslungsreichen Landschaften, sondern ebenso mit Aufgaben. Auch dies löst „Tomb Raider“ zwar nicht perfekt, aber viel besser als Genre-Verwandte, in denen man beispielsweise hundert und eine Feder in einer riesigen Stadt suchen muss – ja, wir schauen dich an, „Assassin’s Creed 2“.
Neben den Herausforderungsgräbern, die neben weiteren Rätseln auch eine angemessene Belohnung bieten, gibt es noch individuelle Artefakte zu finden, die man untersuchen kann. Hinzu kommen noch kleinere Sammelaufgaben, welche auf Teilgebiete begrenzt sind und durch ihre Überschaubarkeit zum Lösen anregen – beispielsweise „schieße zehn Totems von den Bäumen“. Auch das Jagen und Sammeln für Crafting-Material artet nicht in Arbeit aus und es fügt sich angenehm in das Setting ein und bietet genug Herausforderung, um nicht langweilig zu werden.
Teil drei als Open-World-Sorgenkind
Während die ersten beiden Reboot-Teile noch wunderbare weite Open World-artige Areale aufgebaut haben mit einer angenehm zusammenhängenden Spielwelt, fällt Teil drei etwas aus dem Konzept, denn hier hat man einen anderen Fokus gesetzt. Stand in „Tomb Raider“ und „Rise of the Tomb Raider“ noch die Welt und ihre Geschichte im Vordergrund, so zentriert man sich in „Shadow of the Tomb Raider“ stark auf das Dorf Paititi, welches den Mittelpunkt dieser Welt ausmacht. Einmal dort angekommen, geht es nicht mehr geradeaus, sondern die einzelnen Teilgebiete wie Orte für Haupt- und Nebenmissionen, Jagdgebiete oder für Gräber strahlen nun von Paititi ab.
Jedoch bietet Paititi nicht genug, um es zu dem Mittelpunkt einer Spielerfahrung zu machen. Das Stadtgebiet ist zwar riesig, eröffnet den Spielern aber nicht mehr als ein paar Gespräche, Botenaufträge oder kleine Kletterpassagen. Der wahre Spielspaß findet außerhalb der Mayasiedlung statt, aber auch immer nur in kurzen Abschnitten.
Unrealistischer Realismus
Zusammen mit dem Reboot kam auch der Versuch, „Tomb Raider“ mehr Gefühl zu geben. Die Geschichte sollte emotionaler und Lara verletzlicher sein. Daher folgt Schicksalsschlag auf Schicksalsschlag. Die Geschichte soll einen mitreißen und mitfühlen lassen. Jedoch verliert sich dies etwas in einer Ansammlung von Unrealismus. Lara stürzt aus den höchsten Höhen, wird von Kugeln und Pfeilen getroffen und Metallsplitter bohren sich in ihren Körper und würdigen tut sie dies durch mehr stöhnen als bei einem Tennis-Match. Natürlich ist es ein Spiel, doch diese Pseudo-Verletzlichkeit wirkt sich negativ auf die Ersthaftigkeit aus, die die Geschichte der Spiele aufbauen will.
Von Königinnen und Göttern
Die größte Stärke der „Tomb Raider“-Spiele ist und bleibt wohl die Mythologie, die hinter jeder Geschichte steckt und mit der sie steigen, aber auch fallen. Die japanische Legende hinter Königin Himiko aus dem ersten Teil 2013 ebenso wie das Mysterium um die heilige Quelle, was im zweiten Teil behandelt wird, sind interessant und wunderbar erzählt. Jede Aufzeichnung und jeder Funke, der einen weiter in dieses Setting entführt, lässt einen neugieriger werden.
Hiergegen steht erneut der dritte Teil, der durch seine Location in einer Maya-Zivilisation auch versucht, jene Mythologie von Schlangen- und Vogelgöttern zu vermitteln. Allerdings ist dies so konfus erklärt und aufbereitet – von irgendwelchen Menschen, die Götter sind und dann andere Götter opfern müssen, die eigentlich Menschen sind und so weiter –, dass es schwer ist, hier den Überblick zu behalten.
Es lohnt sich
Auch wenn „Shadow of the Tomb Raider“ als großes Finale der Reboot-Trilogie nicht vollends überzeugen kann, lohnt es sich auf jeden Fall, die drei Spiele der Reboot-Trilogie zu spielen. Sei es wegen der Welt, der Mythologie oder dem Abenteuer an sich. Vor allem, dass die Welt nun offener und weniger linear erscheint, sorgt für freiere Entscheidungsmöglichkeiten.
- Tomb Raider. Entwickler: Crystal Dynamics u.a. Publisher: Square Enix. 2013. Plattformen: Playstation 3 & 4, Xbox 360 & One, PC.
- Rise of the Tomb Raider. Entwickler: Crystal Dynamics u.a. Publisher: Square Enix. 2015. Plattformen: Playstation 3 & 4, Xbox 360 & One, PC.
- Shadow of the Tomb Raider. Entwickler: Eidos Montreal. Publisher: Square Enix. 2018. Plattformen: Playstation 4, Xbox One, PC.
[tds_note]Ein Beitrag zur Themenreihe „Open World Games“. Vom 17. bis zum 25. Februar 2020 stellen wir euch in der Spielstraße anhand von augewählten Open-World-Spielen unterschiedliche Open-World-Konzepte vor. Hier werden alle Beiträge gesammelt. Wir wünschen allen viel Freude beim Lesen und sind gespannt auf eure Kommentare!
Grafik (Open World Map): Satzhüterin Pia[/tds_note]
Aufmerksam geworden durch einen Austausch auf Twitter hab ich diesen Artikel mit Freude gelesen und wollte ein paar Zeilen dalassen.
Ich finde ihr bringt es mit dem Text gut zusammen was die Trilogie ausmacht und vor allem seine Entwicklung und wie das frühere Tomb Raider Uncharted beeinflusst hat und wie Uncharted die Reboot-Trilogie beeinflusst hat.
Mich hat Tomb Raider vor allem auf der spielerischen Ebene überzeugt. Es ist ungemein befriedigend mit dem Bogen zu hantieren und dagegen können, meinem Empfinden nach, auch die anderen Waffen nicht mithalten. Im Gegenzug dazu steht für mich die Geschichte und vor allem die Charakterisierung von Lara. Darauf seid ihr ja auch schon eingegangen. Für mich geht es aber mittlerweile über Die Leiden der jungen Croft (Höhö) hinaus. Damit fing es an. Beim erneuten durchspielen der Reboot-Trilogie fiel mir vor allem auf wie distanziert Lara von Anfang an zu allen sie umgebenen Figuren und Situationen ist. Mir wird Lara als sehr emotionale Person verkauft, aber ich nehme ihr das nicht ab. Weil auch zu wenig mit und zwischen den Figuren passiert. Über alle drei Teile habe ich nie verstanden, warum sie und Jonah dann immer zusammen sind aber nicht Lara und Sam denen ich noch viel eher eine Chemie attestieren würde und die hatten schon nicht viel miteinander am Hut.
Am Ende ist mir Lara aber trotz allem hundert mal lieber als ein Nathan Drake und ich weiß nicht genau wieso. Nathan nehme ich es übel, das er Gegnermassen niedermäht. Lara nicht. Vielleicht liegt es am Ende daran, dass es mir am Ende mit Lara mehr Spaß gemacht hat.
Zum Schluss noch eine Sache. Ich finde es eine verpasste Chance aus dem Tomb-Raider-Reboot eine Survival-Horror-Serie gemacht zu haben. Das hätte sehr gut zum Reboot gepasst.
Hallo Lenny! Witzig, mir geht es in Vielem ganz ähnlich. Ich habe zwar nie Uncharted gespielt, muss aber auch sagen, dass ich Tomb Raider spielerisch sooo gelungen fand, machte einfach unfassbar viel Spaß. Vor Kurzem habe ich den ersten Teil der Reboot-Reihe auch noch einmal gestartet. (Und mit Erschrecken festgestellt, dass es einfach dieses Jahr 10 Jahre alt geworden ist, da fühle ich mich direkt etwas alt.) Mir fällt jetzt auch mehr auf, wie alleine Lara im Grunde steht, auch wenn sie so viel Verbundenheit mit Sam oder Jonah verspüren soll, sie wirkt am Ende einfach sehr isoliert. Ich bin gespannt, ob ich in den weiteren Teilen noch andere Eindrücke gewinne, das erste Spiel habe ich bald durch.
Übrigens ein sehr cooler Gedanke, aus den Spielen eine Survival-Horror-Game zu machen – das wäre wirklich eine spannende Neuerung für die Reihe gewesen!
Jetzt bin ich übrigens schon seeeeehr gespannt auf den nächsten Teil, die Gerüchteküche brodelt da ja schon etwas herum 😉 Würde mich unglaublich über mehr Open World freuen, noch mehr Möglichkeiten mit dieser coolen Spielfigur zu haben, das wär toll.