Was macht eine Freundschaft aus? Mit dieser Frage beschäftigt das Bilderbuch „Total egal – Was in Freundschaften wirklich zählt“, geschrieben von Julie Fogliano und illustriert von Molly Idle und Juana Martinez-Neal. Zeichensetzerin Alexa hat sich nicht nur Gedanken zum Bilderbuch, sondern auch zur Bedeutung vom Wörtchen „egal“ gemacht.
Es ist etwas ungewöhnlich, dass ein Bilderbuch mitten im Geschehen beginnt und Szenen zeigt, bei denen man den Eindruck hat: Da muss doch etwas vorher passiert sein – ein Streit vielleicht oder eine Meinungsverschiedenheit? Die Mädchen, um die es geht, stehen mit dem Rücken zueinander und werfen sich mit unglücklicher Miene Blicke zu. Als Leser*in fragt man sich sofort, was vorgefallen sein könnte. Eine direkte Antwort wird nicht gegeben, man kann sie sich nur zusammenreimen. Denn es geht zunächst nur um eine Aufzählung von Dingen, die den Mädchen scheinbar egal sind:
„mir egal, wenn du denkst, ich trag ulkige Schuh oder keine so coolen Klamotten wie du“, „mir egal, wenn du findest, mein Haus ist nicht fein und mein Brot falsch belegt und mein Bruder zu klein“.
Während dieser Aufzählungen, die größtenteils zusammenhanglos wirken, spielen die Mädchen allein. Doch mit jeder weiteren Doppelseite kommen sie sich etwas näher. Bald erscheint auch ein Lächeln auf ihren Gesichtern. Und dann kommt die Wendung: Auch wenn der Ton „mir egal“ gleichbleibt, fühlt sich das „Egal“ anders an: Freundlicher. Offener. Herzlicher. Die Botschaft des Bilderbuches wird klarer: Mir ist all das egal, weil ich andere Dinge an dir schätze. Dies wird bekräftigt durch den weiteren Text, der nun eine andere Perspektive einnimmt und von Dingen erzählt, die den Mädchen gefallen:
„mir gefällt, dass wir immer vertrau’n auf uns zwei, dass wir beide befreundet sind, fröhlich und frei, das alles gefällt mir, das find ich genial, das ist mir wahrhaftig kein bisschen egal.“
Auch wenn die Intention des Bilderbuches am Ende deutlich wird, ist der Weg dorthin lang und aufgrund der fehlenden Erzählstruktur für Kinder recht anspruchsvoll. Es empfiehlt sich daher, beim Vorlesen über die Bilder mehr zu erzählen, als der Text verrät, damit Kinder den Gedankengängen folgen können. Anhand der ansprechenden Schwarz-Weiß-Illustrationen können Vorlesende mit Kindern ins Gespräch kommen: Was machen die Mädchen da? Haben sie sich gestritten? Was bedeutet Streit? Wie kann man sich wieder vertragen? Und was macht eine Freundschaft aus?
Besonders schön ist die Idee mit den Farbebenen: Die Mädchen sind in den Illustrationen jeweils mit einer Farbe markiert – Blau und Gelb – und in den Momenten, in denen sie sich nahekommen und sich die Farbkreise berühren, mischen sich die Farben zu Grün. Ein Sinnbild für alles, was sie verbindet.
Total egal. Text: Julie Fogliano. Illustration: Molly Idle, Juana Martinez-Neal. Übersetzung: Cornelia Boese. Zuckersüß Verlag. 2023.



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