„Was ihr uns versprochen habt“

von | 13.02.2025 | Belletristik, Buchpranger

In „Was ihr uns versprochen habt“ erzählt Rachel Eliza Griffiths in einer Coming-of-Age-Geschichte vom Rassismus in den USA der 50er Jahre. Eine fesselnde Lektüre, findet Satzhüterin Pia.

Die Geschichte beginnt idyllisch – es sind die letzten Tage der Sommerferien, die dreizehnjährige Cinthy und ihre große Schwester Ezra genießen die freien Tage in vollen Zügen, bevor die Schule wieder beginnt. Die Familie Kindred lebt an der Küste Neuenglands und somit weit entfernt vom Süden, der in dieser Zeit geprägt ist von Unruhen und Konflikten zwischen der weißen Bevölkerung und Schwarzen Bürgerinnen und Bürgern der Vereinigten Staaten.

Generationen von Schmerzen

Von diesen Bürgerrechtsbewegungen bekommen die beiden einzigen Schwarzen Familien in dem kleinen Ort Salt Point über das Radio natürlich dennoch einiges mit – aber nicht nur diese Familien, sondern auch alle anderen Dorfbewohner. Abneigung, Hass, Angst gegenüber den Schwarzen Familien nehmen immer mehr zu, die Stimmung heizt sich zunehmend auf. Eine sich wiederholende Geschichte, die Generationen von Schwarzen Menschen geprägt hat, was auch thematisch immer und immer wieder im Roman anklingt.

Die noch recht kindliche Cinthy ist die Erzählerin des Romans, wobei die Autorin die Perspektive gelegentlich aufbricht. Neben Cinthy wird ab und an auch aus der Sicht des vernachlässigten weißen Mädchens Ruby erzählt. Anfangs noch die Freundin von Ezra verändert sich die Dynamik der heranwachsenden jungen Frauen zunehmend. Ruby ist in vielen Belangen das komplette Gegenteil von Ezra – sie wächst unter schlimmen Bedingungen auf, ihr Elternhaus ist geprägt von Vernachlässigung und Gewalt, während Ezra behütet und geliebt aufwächst. Gesellschaftlich gesehen ist der Kontrast ebenso stark, wenn auch umgekehrt: Bei aller Armut bedeutet Rubys Erwachsenwerden angesehener und nicht zuletzt heiratsfähig zu werden. Für Ezra und alle anderen jungen Schwarzen Frauen bedeutet älter werden hingegen Gefahr.

„Die Bewohner von Salt Point hatten tatsächlich Angst vor der Welt da draußen. Gleichzeitig hielten erwachsene Männer inne, um Ezra, gerade fünfzehn, und mich, dreizehn, in unseren kurzen Hosen zu beäugen. Mr. Caesar und mein Vater sorgten dafür, dass unsere Familien bei Anbruch der Dunkelheit zu Hause hinter verschlossenen Türen saßen.“

Sobald man einmal in der Geschichte angekommen ist, lässt sie einen nicht wieder los. Die Lektüre ist oft hart und dann auch wieder sanft – wie ebenjener Kontrast zwischen geliebter Familie und hasserfüllter Gesellschaft.

Spannend, mitreißend, fesselnd

Der Erzählstil und der Inhalt sind fesselnd, mitreißend, und gleichzeitig schafft Griffiths es, die Erzählung so gut lesbar zu gestalten, wie es bei einem solch intensiven Inhalt kaum möglich scheint. Der Verlauf der Geschichte ist spannend, die teils noch kindliche Perspektive von Cinthy bringt viel Authentizität mit ein. Ein Happy End darf man nicht erwarten, aber gleichzeitig ist der Roman keinesfalls so vorhersehbar, wie man zu Beginn erwarten könnte. Neben all dem Hass und Schmerz, den der Rassismus mit sich bringt, den schweren Schicksalsschlägen, mit denen sich die Familie Kindred auseinandersetzen muss, ist „Was ihr uns versprochen habt“ auch eine inspirierende Liebeserklärung an den Zusammenhalt Schwarzer Menschen, Schwarzer Frauen, einer „Black Sisterhood“.

Was ihr uns versprochen habt. Rachel Eliza Griffiths. Übersetzung: Judith Humburg. Penguin Verlag. 2024.

Pia Zarsteck

Pia Zarsteck

Pias Liebe zur Literatur hat sie vor Jahren an die Uni Bremen geführt, wo sie bis zum Masterabschluss Germanistik studierte. Heute ist sie Vorsitzende im Bücherstadt e.V., Mama einer Vierjährigen und beruflich ganz woanders unterwegs - aber immer noch vernarrt in Bücher und Spiele. Ein Leben ohne die Bücherstadt kann sie sich nicht vorstellen.

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