„Zwei Herren am Strand“ von Michael Köhlmeier ist im August dieses Jahres im Carl Hanser Verlag und als Hörbuch im Hörverlag erschienen. Dieser Titel wurde für den Deutschen Buchpreis 2014 nominiert. – Von Zeichensetzerin Alexa
Michael Köhlmeier verbindet in seiner Geschichte „Zwei Herren am Strand“ zwei große Persönlichkeiten: Winston Churchill und Charlie Chaplin. Als sich diese nach einer Feier am Strand begegnen, erkennen sie den jeweils anderen nicht. Beide sind erleichtert, wollen sie doch nur ihrem eigenen Schicksal entfliehen, dem Trubel der Feier, der Blicke des Publikums entgehen.
Chaplin, der bis zu diesem Augenblick viel Leid erfahren hat, wirkt depressiv. Man sehe ihm an, dass er über Selbstmord nachdenke, meint Churchill. Und Chaplin, der sich diesem Fremden sogleich verbunden fühlt, beginnt ihm von seinen Misserfolgen und dem Druck der Öffentlichkeit zu erzählen. Mit viel Geduld und Ruhe lauscht Churchill seinen Worten und als sie den Weg zurücklaufen, öffnet auch er sein Herz. Selbstmord ist ein zentrales Thema in ihrem Gespräch. Doch am Ende ihrer Unterhaltung fühlen beide sich freier, ein Stück mehr zum Leben gewandt als zum Tod, was aufzeigt, dass Gespräche mit fremden, nicht unmittelbar im eigenen Lebensumfeld stehenden Menschen sehr hilfreich sein können.
Gleiches Ziel: Gegen den Nationalsozialismus
Auch wenn sich die Wege der beiden Freunde trennen, so vereint sie das gleiche Ziel: Der Kampf gegen den Nationalsozialismus. Während Churchill in der Politik gegen Hitler kämpft, dreht Chaplin den Film „Der große Diktator“, in dem er den Führer persönlich spielt. Auf die Idee, diese Rolle selbst zu spielen, kam er durch andere, die oftmals betonten, er sähe mit seinem Bärtchen und dem Gesichtsausdruck dem Führer ähnlich. Chaplin, der bis dato großen Erfolg mit seinen Filmen hat, erntet plötzlich große Kritik.
Noch bevor der Film erscheint, äußert sich die Presse, es sei ein Skandal, das hätte nichts mehr mit Kunst zu tun, sondern mit Politik. Drohungen, auch seitens von Hitler, schrecken Chaplin jedoch nicht ab. Auch die Tatsache, dass der Film in bestimmten Ländern verboten wird, lässt ihn nicht an seinem Projekt zweifeln. „Widerliche Kriegshetze“, heißt es in den Zeitungen, als der Film in die Kinos kommt. „Schlechte Musik, kein Stil, zu kitschig, geschmacklos“ sind Formulierungen, die er zu lesen bekommt, genauso wie die Behauptung, der Film würde seine Karriere ruinieren. Und doch fühlt sich Chaplin wohl dabei, weiß er doch, dass er auf diese Weise etwas gegen den Krieg getan hat. Auf seine Weise.
Literarischer Stil
Köhlmeier verbindet in seinem Werk Kunst und Politik. Er spricht Themen an, die von großer Bedeutung sind und an die Öffentlichkeit gelangen sollten: Krieg, Depressionen, Selbstmord. Dabei zeigt er auf, wie zwei Menschen mit diesen Problemen umgehen und gibt somit einen Lösungsansatz. Jeder kann etwas bewirken, jeder auf seine Art. Es wirkt, als würde er gerne mit Gegensätzen spielen: Ernst und Humor, Krieg und Frieden, Erfolg und Misserfolg. Ein Auf und Ab – wie im richtigen Leben. Seine Protagonisten treten sehr überzeugend auf, wirken authentisch. Nicht zuletzt wegen dem, was sie denken und fühlen und wie sie handeln. Sätze wie „Sprich, als wäre es das letzte Mal“ und „Was einer werden kann, das ist er schon“ wirken poetisch und weise und klingen einem noch lange im Kopf nach.
Der Autor bedient sich außerdem bildlicher Umschreibungen und Vergleiche. So ist von einem „schwarzen Hund“ die Rede, der Churchill irgendwann einholen soll. In diesem Zusammenhang wird mit Shakespeares Macbeth verglichen, dem der Tod von den Hexen vorhergesagt wird. Die Erzählperspektive wechselt dabei immer wieder. Zum einen gibt es den Ich-Erzähler, der die Geschichte der beiden Protagonisten anhand von Aufzeichnungen und Briefen erzählt. Manchmal äußert er seine eigenen Gedanken, die meiste Zeit aber wird aus der Sicht Churchills oder Chaplins berichtet, sodass man zwischendurch vergisst, dass hinter den Geschichten ein Ich-Erzähler steckt.
Hörbuch-Version
Der Autor liest seine Geschichte selbst vor. Man findet schnell einen Zugang zur Geschichte, kann dem Verlauf gut folgen. Seine ruhige Art vorzulesen führt allerdings dazu, dass der Spannungsbogen verloren geht. Während ich mir an einigen Stellen ein bisschen Tempo gewünscht hätte, wären an anderen längere Pausen sinnvoll gewesen. Der Geschichte zu folgen bedarf demnach viel Ruhe und Konzentration. Es ist kein Hörbuch, das man an einem Stück durchhört, vielmehr sollte man sich dafür Zeit nehmen, Pausen einlegen, über das Gesprochene nachdenken und einiges auch verinnerlichen. Denn hinter diesem Werk verbergen sich nicht nur die Geschichten zweier Persönlichkeiten, sondern unzählige Gedanken und Ideen, die es weiter zu verfolgen lohnt. Kein Wunder, dass „Zwei Herren am Strand“ für den Deutschen Buchpreis nominiert ist.
Zwei Herren am Strand. Michael Köhlmeier. Der Hörverlag. 2014.
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