Wütend & schüchtern

von | 05.11.2023 | Bilderbücher, Buchpranger

In ihren aktuellen Bilderbüchern zeigt Autorin Anna Böhm große Gefühle. Seitentänzerin Michelle-Denise hat sich in „Heute hab ich Wut im Bauch“ und „Ich bin ein bisschen schüchtern“ wiedererkennen können.

„Heute hab ich Wut im Bauch“

Kätzchen Nora erlebt innerhalb eines Tages gleich drei große Enttäuschungen. Zuerst will Pauli nicht mit ihr spielen, dann hat Eddi keine Zeit für sie und letztendlich findet Schäfli, dass Nora zu klein ist, um in der Küche zu klettern – und setzt sie kurzerhand an die frische Luft. Das macht die kleine Katze gleich dreifach wütend. Draußen im Garten wütet sie ungeniert weiter, bis der ruhige Lollo sich zu ihr setzt und wartet.

Anna Böhm erzählt eine Alltagsgeschichte, wie sie Groß und Klein jeden Tag passieren kann. Eine Enttäuschung nach der anderen lässt die Wut stetig wachsen und so passiert es, dass es einen überkommt. Die Gefühle sprudeln nur so heraus. Erst ein bisschen und dann ganz doll und ungehemmt. Böhm gibt einen verständnisvollen Blick auf die Gefühlsausbrüche und zeigt indirekt Wege auf, wie man sich in der Wut selbst regulieren kann. Sei es durch einen ruhigen Zuhörer oder durch das Zerteilen kleiner Stöckchen. Die liebevollen großen und kleinen Illustrationen von Tim Warnes runden die Geschichte dabei farbenfroh ab und lassen selbst das wütende Kätzchen niedlich aussehen und das Herz für sich erwärmen.

„Heute hab ich Wut im Bauch“ zeigt, dass nicht nur Kinder hemmungslos wütend sein können, sondern auch Erwachsene. Dafür muss man sich nicht schämen, denn jeder hat mal einen schlechten Tag und ist wütend. Die Geschichte regt dazu an, über eigene Erfahrungen und dem Umgang mit Wut zu sprechen.

Heute hab ich Wut im Bauch. Anna Böhm. Illustation: Tim Warnes. Oetinger. 2022.

„Ich bin ein bisschen schüchtern“

Als der neue Nachbar Bill mit Kätzchen Nora und ihren Freunden spielen will, ist sie zunächst gar nicht begeistert. Der Neue ist so laut, so frei und wild. Das macht ihr ein bisschen Angst und sie versucht etwas Abstand zu ihm zu halten, obwohl sie doch so gerne mit den anderen weiterspielen würde. Als Bill jedoch sein geliebtes Banjo verliert und weint, nimmt Nora all ihren Mut zusammen und versucht ihm zu helfen.

In ihrem neuen Bilderbuch um Kätzchen Nora, beschäftigt sich Anna Böhm mit dem Thema Schüchternheit. Im Gegensatz zu anderen Büchern, werden hier keine Mutmach-Sprüche aneinandergereiht. Böhm geht vielmehr durch Verständnis und Geduld auf die Gefühlswelt der Protagonistin und ihrer Freunde ein. Es ist ganz normal, von neuen Situationen oder Persönlichkeiten überfordert und verschreckt zu sein. Manchmal braucht man einfach länger, um damit zurecht zu kommen und ist deshalb zunächst etwas zurückhaltender.

Wie auch der vorherige Band, wurde dieses Buch von Tim Warnes illustriert. Mit bunten Aquarellen veranschaulicht er dabei gekonnt Noras Gefühlswelt. Besonders schön finde ich allerdings die Darstellungen vom neuen Nachbarn, dem Papagei Bill, der mit einer Beinprothese selbstbewusst durch die Geschichte geht und fliegt. Zu keinem Zeitpunkt wird diese körperliche Veränderung innerhalb der Handlung thematisiert und einfach als ganz natürlich betrachtet. Dieser Umgang mit einer körperlichen Beeinträchtigung ist wirklich schön und positiv hervorzuheben.

„Ich bin ein bisschen schüchtern“ zeigt, dass Schüchternheit keine Schwäche ist. Wer schüchtern ist, egal ob situationsbedingt oder allgemein, benötigt einfach eine Weile, um sich öffnen zu können. Dabei kann man, wie Kätzchen Nora, alles ganz aufmerksam aus der Ferne betrachten, bis man sich traut, etwas zu sagen.

Ich bin ein bisschen schüchtern. Anna Böhm. Illustration: Tim Warnes. Oetinger. 2023.

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Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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