„Es ist einfacher einzuschlafen, wenn man das Meer hört und den Wind.“ Doch an Schlaf kann Doris Gerckes „Königin der Insel“ nicht denken. Zu sehr beschäftigt sie ihre Lebenssituation, die geprägt ist von Unterdrückung und Gewalt – und dem Wunsch nach Freiheit. – Von Zeichensetzerin Alexa
Es scheint ein aktueller Trend zu sein, wörtliche Rede ohne Anführungszeichen zu schreiben. Dieses Phänomen begegnete mir bereits in „Die Schlaflosen“ (Ulrike Kolb) und „Herr Hübner und die sibirische Nachtigall“ (Susanne Schädlich), und nun auch in diesem Werk „Königin der Insel“. Ob sich diese Art von Literatur damit von anderer abheben will oder einen Versuch innovativen Stils unternimmt, ist ungewiss. Einen Gefallen tut sie den Lesern damit jedoch nicht. Vielmehr entfernt dieser Stil sie noch weiter von den Protagonisten und macht die Geschichte weniger „erlebbar“. Gerade bei einem Buch wie diesem hätte ich mir dieses „Erlebbare“ gewünscht, geht es doch um eine „Liebe auf Samos“.
Dass es keine reine Liebesgeschichte ist, wird jedoch schnell klar: Die Perspektive wechselt zwischen den Protagonisten und bringt die Handlung auf ihre Weise voran. Die Verwendung einer durchgängigen Ich-Erzählung, selbst beim Wechsel der Protagonisten, erschwert die Identifikation mit der Figur – immer wieder wird man ins kalte Wasser geworfen und muss zusehen, wie man sich zurechtfindet. Die einzige Stütze ist die Kapitelüberschrift, welche angibt, aus wessen Sicht gerade erzählt wird. Da die Ich-Erzählung einem gleichbleibenden Stil folgt, erscheinen die Protagonisten platt, zusätzlich werden Stolpersteine in Form von holprigen Formulierungen gelegt.
Kein leichter Weg – weder für die Leser noch für die Protagonisten, die hier entweder um Freiheit und Liebe oder Ehre und Gerechtigkeit kämpfen. Genia ist gefangen in einer Ehe, in der Gewalt herrscht. Ihr Mann ist ein angesehener Architekt und duldet keine Fehler. Um nichts in der Welt würde er seine „Königin der Insel“ gehen lassen. Das weiß auch Genia, die Hals über Kopf mit ihrem Liebsten Lorenzo die Flucht ergreift…
„Königin der Insel“ ist eine schnelle Lektüre für zwischendurch, die sprachliche Schwächen aufweist, inhaltlich jedoch umso mehr überzeugt. Nicht zuletzt, weil sie den Blick auf das Leid von Flüchtlingen lenkt und damit ein aktuell gesellschaftlich-politisches Problem aufgreift.
Königin der Insel: Eine Liebe auf Samos. Doris Gercke. Atlantik. 2015.
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