Ein Journalist sollte distanziert vom Objekt seines Berichtes bleiben: doch was, wenn die Distanz verschwimmt?
Truman Capotes „Kaltblütig“ (Originaltitel: „In Cold Blood“) ist eines der bekanntesten Werke der Weltliteratur: es ist die Aufzeichnung eines Mordes aus den fünfziger Jahren im ruralen Kansas. Capote geht kritisch an die Sache heran, journalistisch – und zugleich wahrt er die Möglichkeit der Fiktion, beleuchtet eingehend das Innenleben der Opfer, die Prozesse, die zum Mord an der Familie Clutter führte sowie die Konsequenzen, die dieser für die beiden Täter nach sich zieht.
Einem solchen Roman – jedem Roman, der ein Fünkchen Realität verarbeitet – geht lange Recherche voraus. Ande Parks und Chris Samnee knüpfen an diesem Punkt mit „Capote in Kansas“ an: sie schauen dem Meister über die Schulter. Sie portraitieren seine Erfolge in der New Yorker Literatur-Community und den krassen Unterschied zum Landleben auf Kansas, wo er hervorsticht wie ein bunter Hund. „Capote in Kansas“ erzählt die Geschichte von „Kaltblütig“ nicht nach, sondern die Geschichte nach der Geschichte. Dabei verfahren sie wie Capote in seinem Werk des „New Journalism“: ein Fünkchen Wahrheit, verknüpft mit viel Vorstellungskraft haucht den Bildern von Chris Samnee das Leben ein, das sie darstellen.
Mitreißend erzählt die Graphic Novel von einer Suche, die einen halb fiktionalisierten Truman Capote in Kansas an die Grenzen der Vorstellungskraft treibt – und wie die Geschichte an ihm haften bleibt.
Capote in Kansas, Ande Parks, Chris Samnee, Panini Comics, 2014
Klingt reizvoll, ist auf der Liste notiert und wird beim nächsten Gang in den Laden meines Vertrauens genauer unter die Lupe genommen.