Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse präsentierte Michael Ritter „Bilderbücher im App-Format“. Zeichensetzerin Alexa hat dem Vortrag gelauscht und einige neue Anregungen mitgenommen.
Wie funktioniert eigentlich ein Bilderbuch? Da ist einerseits der Text und andererseits das Bild. Interessant dabei ist, wie diese Elemente zusammenwirken und wahrgenommen werden und was dabei transportiert wird. Das Bilderbuch soll, so Michael Ritter, weniger als „Gattung“ verstanden werden, sondern vielmehr als Medium, das als solches – seit es existiert – ein intermediales ist.
Beim Analysieren von Bilderbüchern im Hinblick auf Stoffentwicklung fällt auf, dass gesellschaftliche und kulturelle Themen aufgegriffen und bestimmte Traditionen wie beispielsweise die Motivik von Märchen weitergeführt werden. Dabei kann die Relevanz eines kulturellen Themas Einfluss auf die Bilderbuchproduktion nehmen – ebenso wie ein Bilderbuch ein Thema erst relevant machen kann. Was aktuell in der Kultur präsentiert wird, kann dann auch im Bilderbuch durch intertextuelle Verweise, Bildzitate und bekannte Figuren auftauchen (zum Beispiel erinnert das Bilderbuch „Der Kleine und das Biest“ an „Die Schöne und das Biest“).
Das Bilderbuch ist ein traditionelles Medium. Es folgt einem bestimmten Aufbau und lehnt sich in der Gestaltung an Sehgewohnheiten und Perspektiven an, wie sie in anderen Medien üblich sind. So findet die Fernsehästhetik in Bilderbuchbildern Anwendung durch beispielsweise Vogel- und Froschperspektiven, Nah- und Fernaufnahmen etc. Michael Ritter dazu: „Unterschiedliche Medien wirken ins Bilderbuch hinein. Und das Bilderbuch ändert dadurch auch seinen Blickwinkel.“
Bilderbücher können aber auch Vorlagen für andere Medien sein. Am Beispiel von „Der Grüffelo“ zeigte Michael Ritter einen Medienverbund aus Hörspiel, Handpuppe, Tasse, Papiertheater, App und andere Produkte/Medien auf, in denen die bekannte Figur wieder auftaucht.
Die medialen Entwicklungen gehen also auch am Bilderbuch nicht vorbei – und so finden sich neben textlosen und bewegten Bilderbüchern (Pop-Up-Bilderbücher) mittlerweile auch vielfältige Apps, die als „Erweiterung“ und keinesfalls als „Gegenentwurf“ zu betrachten sind. Hierbei unterscheidet Ritter zwischen zwei Produktionen: Die Primärproduktionen sind Bilderbücher, die als Apps produziert werden, und die Sekundärproduktionen beziehen sich auf ein bereits bestehendes, gedrucktes Bilderbuch.
Es gibt digitale, literarische Apps mit Erzählcharakter und solche, die eher dem spielerischen Aspekt unterliegen. Die Gestaltung einer App durch zum Beispiel die Übernahme des Textes aus der Bilderbuch-Vorlage, Tonspur und Animation ist abhängig davon, was der Anspruch der App ist. Will sie das Bilderbuch originalgetreu wiedergeben, dieses durch medienspezifische Funktionen erweitern oder durch spielerische Eigenschaften ergänzen? Letzteres ist ein möglicher Anlass für entscheidungsbasierte Elemente, bei denen die RezipientInnen mithilfe eigener Entscheidungen bestimmte Wege gehen können.
Bilderbücher im App-Format sind eine spannende Ergänzung zum traditionellen Bilderbuch! Wer neugierig geworden ist, kann einen Blick in die 25. Ausgabe (S. 24-25) werfen und einige App-Empfehlungen entdecken. Eine große Empfehlung gibt es auch für „Milli: Kleine Schnecke, große Welt“!
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