Kommen eine Magierin, eine Zwergin, eine Klerikerin und ein Halbling in eine Bar… Buchstaplerin Maike hat sich mit den Fantasy-Söldnerinnen „Rat Queens“ (dani books) in eine wilde Schlacht gewagt. Ihre Meinung zu der actiongeladenen Comicreihe ist gespalten, aber so viel kann verraten werden: Der Untertitel „Gemetzel, Gold und große Klappen“ verspricht nicht zu viel…
Die Rat Queens sind in der Stadt Palisade Dauergast an zwei Orten: In Kneipen, und weil sie so gerne handfeste Kneipenschlägereien anzetteln, im Knast. Die unkonventionelle Truppe der Söldnerinnen macht sich dabei nicht immer Freunde: im Gegenteil. Bei einem scheinbaren Routinekampf gegen Goblins merken die großmäulige Halblingsfrau Betty, Hipster-Zwergin Violet, Klerikerin Dee und Elfenmagierin Hannah, dass ihnen jemand ganz gezielt nach dem Leben trachtet. Wer hat ihnen die Assassinen auf den Hals gehetzt? Zeit, bei ein paar Gilden und dem Bürgermeister einzubrechen, um das Rätsel zu lösen.
„In die Schlacht, meine Rat Queens!“
So recht weiß man nicht, ob man diesen Comic ernst nehmen soll oder ob die verbalen und körperlichen Schlagabtäusche ein ironisches Spiel mit Trends des Fantasy-Genres in allen möglichen Medien sein soll. Immerhin wirken Hannah, Dee, Betty und Violet, als wären sie gerade aus einer ausgearteten „Pen and Paper“-Runde zum Leben erweckt worden. Doch bei den Protagonistinnen wie einer atheistischen schwarzen Klerikerin, die mit der Tintenfischanbetung ihrer Familie nichts anfangen kann oder einer Hipster-Zwergin, die sich gegen den Mainstream den Bart abrasiert, merkt man, dass Konventionen gehörig auf die Schippe genommen worden.
Überhaupt ist das Figureninventar erfrischend anders: Die Rat Queens sind alle auf ihre Art starke, gut ausgearbeitete Frauenfiguren, die einen trotz ihrer stets derben Art emotional erreichen. So wird die sorglos wirkende Betty von Beziehungsproblemen mit ihrer Freundin geplagt, während die anderen drei mit Konflikten in ihren Familien zu kämpfen haben. So ausgestattete Charaktere braucht es auch, denn davon abgesehen hat der Comic einige Schwächen. Fast wirkt es so, als sollten die emanzipierten Antiheldinnen kaschieren, dass der Plot beliebig ist. Auftragsmörder, Intrigen und Goldgier, Kämpfe gegen Goblins und Trolle: So recht will der Funke nicht überspringen, da man das Gefühl hat, alles schon mal so ähnlich gelesen zu haben.
„Hast du Süßigkeiten und Drogen fürs Abendessen eingepackt?“
Und damit nicht genug: Das Versprechen von Gemetzel und großen Klappen ist kein leeres, doch die Umsetzung kippt schnell von ironisch übertrieben zu geschmacklos oder gar eklig. Ob man das ständige Fluchen und die flapsigen Sprüche („Der dumme Lehmarsch sackt zusammen wie ein Sack Schweinetitten“) lustig findet ist natürlich Geschmackssache. Anders sieht die Sache bei der Darstellung von Gewalt aus: In Roc Upchurchs Zeichnungen spritzt Blut literweise und die Lesenden werden nicht verschont, herumfliegende Gedärme und zersplitterte Knochen zu sehen. Kaum ein Panel später wird alles wieder mit einem flotten Spruch aufgelockert und das nächste Saufgelage mit Drogen geplant. Aber das scheint auch so gewollt: Bloß nichts ernst nehmen, nichts kritisch betrachten, alles halb so wild.
„Ich fühl mich wie Einhornkacke. Was gibt’s zum Frühstück?“
Wem das aber zusagt, wird an „Rat Queens“ viel Spaß haben. Während nämlich der „World of Warcraft“-Film in den Kinos läuft und „Game of Thrones“ in der sechsten Staffel ist, kann man hier ein Fantasy-Spektakel erleben, dem nichts heilig ist. Und nicht zuletzt bleiben trotz des schwachen Plots die Protagonistinnen eine Stärke der Reihe. Nebenbei wird zudem aufgezeigt, dass schlagkräftige Frauen im Fantasy-Genre noch immer Mangelware sind. Betty, Dee, Violet und Hannah jedenfalls bereichern das Angebot an Identifikationsfiguren für Fantasy-Freundinnen.
Rat Queens, Band 1: Gemetzel, Gold und große Klappen. Kurtis J. Wiebe. Zeichnungen: Roc Upchurch. Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Marc Schmitz. dani books. 2016. BK-Altersempfehlung: ab 16.
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