Die Protagonistin in Gilles Baums und Amandine Pius interaktivem Buch „Die Gruselstraße“ hat ein Ziel: Sie will ihren Opa besuchen. Aber dafür muss sie an Häusern vorbei, in denen sich angsteinflößende Wesen befinden. Eine Geschichte über Mut und die Angst vor dem Unbekannten. – Von Zeichensetzerin Alexa
Um zu ihrem Opa zu kommen, der am Ende der Gruselstraße wohnt, muss die Protagonistin all ihren Mut zusammennehmen. In wenigen Sätzen erzählt sie aus der Ich-Perspektive, was sie erlebt. Sie begegnet einem dreiköpfigen Hund, „der jeden ankläfft, der vorbeikommt“, hört ein „Scharren, Schnauben, Poltern und ein Gebrüll“ hinter einer anderen Tür und wird von einem riesigen gläsernen Auge angestarrt. Am Ende hat sie es aber geschafft: Sie ist endlich bei ihrem Opa angekommen. Gemeinsam laufen sie den Weg zurück, um alle Wesen zu besuchen – und die Protagonistin merkt, dass sie gar nicht so beängstigend sind, wie es zunächst schien. Der Blick in die Häuser zeigt die Bewohnerinnen und Bewohner aus einer völlig anderen Perspektive und ermöglicht ein Umdenken: Unbekanntes muss nichts Bedrohliches sein.
„Die Gruselstraße“ ist passend zum Inhalt als Leporello gestaltet und enthält viele Klappen, die geöffnet werden können. Hinter den Fenstern und Türen können Ausschnitte von den Wesen erhascht werden. Ein Auge, ein Kopf, Tintenfischarme – das beeinflusst die Wahrnehmung, weil das große Ganze nicht erfasst wird. Diese einzelnen Bilder und Eindrücke ergeben auf der Rückseite ein Gesamtbild, das jegliche Angst in Luft auflöst. Dann wird auch klar, weshalb der dreiköpfige Hund scheinbar jeden ankläfft: „Was für ein Drama, hat man drei Köpfe, aber nur einen einzigen Ball! Da kriegt ja selbst der liebste Hund vor Ärger einen Knall. Schnuffi, ich verspreche dir: Morgen bekommst du drei von mir.“
„Die Gruselstraße“ ist ein vorbildliches Beispiel für interaktive Buch-Konzepte, bei denen Inhalte auf kreativ-spielerische Weise vermittelt werden. Die Gestaltung des Buches als Leporello, bei dem die einzelnen Seiten Häuser darstellen, lädt nicht nur zum Spielen ein, sondern fördert auch die Kreativität. Mein dreijähriger Sohn liebt dieses „Häuser-Buch“, das er regelmäßig auf dem Boden ausbreitet, um mit Spielfiguren von Haus zu Haus zu wandern, Fenster und Türen zu öffnen und die Wesen zu besuchen. Dabei lässt er sich sehr interessante Geschichten einfallen. „Die Gruselstraße“ sorgt hier für jede Menge Spaß.
Die Gruselstraße. Text: Gilles Baum. Illustration: Amandine Piu. Aus dem Französischen von Stefanie Jacobs. Insel Verlag. 2023. Ab 3 Jahren.
Ein Beitrag zum Themenjahr #MonsterBK.
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