Sandra Lüpkes

von | 13.11.2013 | Buchpranger, Im Interview, Stadtgespräch

Als Kind konnte ich mich nicht entscheiden, was ich einmal werden will, wenn ich groß bin: Schriftstellerin, Schauspielerin oder Sängerin … Jetzt kann ich bei Lesungen alles miteinander verbinden.

Sandra Lüpkes, sandraluepkes.de *Klick*

Ein neuer Roman, eine Lesereise und das Krimi-Camp – Kriminalautorin Sandra Lüpkes besuchte uns in der Bücherstadt und stellte sich Alexas Fragen.

BK: Frau Lüpkes, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Könnten Sie sich kurz unseren Lesern vorstellen?

SL: Mein Name ist Sandra Lüpkes, ich bin Anfang vierzig, lebe in Münster und bin seit 12 Jahren Schriftstellerin.

BK: Am 1. August erschien ihr neuer Kriminalroman „Götterfall“. Wie kamen Sie überhaupt auf das Thema Götter? Und warum wählten Sie Island als Ort des Geschehens?

SL: Auf einer Nordlandreise lernte ich Island nur kurz kennen und war gleich fasziniert von dieser Insel, auf der die Entstehung der Welt noch so greifbar erscheint. Ein Jahr später bin ich dann noch mal zur Recherche nach Island gefahren, und wurde überall mit den dort angesiedelten Sagen konfrontiert. Ich liebe solche Geschichten, in denen es um Liebe und Tod, Hoffnung und Verzweiflung geht – und da es in Krimis ja nicht anders ist, habe ich mich entschieden, die beiden Literaturgattungen zu verweben.

BK: Was hat Sie zu „Götterfall“ inspiriert? Wie entstand die Geschichte?

SL: Ich vergleiche das Schreiben eines Buches ganz gern mit dem Kuchenbacken: Es gibt spezielle Zutaten, die man in genauer Dosierung und in vorgeschriebener Reihenfolge zusammenmischt, in der Hoffnung, dass alles am Ende richtig aufgeht und nicht fade wird. Meine Zutaten waren neben Island und den Sagen noch die Figur der Silvie – eine Frau in meinem Alter, die mit einem bedeutenden, aber inzwischen alterssenilen Politiker verheiratet ist – und der Wunsch, einen Kriminalroman zu schreiben, in dem eine alte, längst verdrängte Geschichte noch einmal aufgerollt wird.

BK: Das Schicksal wird in „Götterfall“ ebenfalls thematisiert – glauben Sie selbst an das Schicksal?

SL: Ich glaube daran, dass wir nicht wirklich freie Entscheidungen treffen können, sondern unser Entschluss durch das, was wir in der Vergangenheit erlebt haben, bereits feststeht. Selbst wenn wir meinen, dass wir einen mutigen Weg einschlagen, den uns niemand je zugetraut hätte, war die Richtung in Wirklichkeit schon längst vorgegeben. Ob man das auch Schicksal nennen kann? Vielleicht …

BK: „Götterfall“ ist nun das 9. Buch aus der Reihe „Wencke Tydmers“. Seit der Erscheinung des ersten Teils (2001) sind bereits 12 Jahre vergangen. Wie ist es für Sie, über einen so langen Zeitraum über die gleiche Protagonistin zu schreiben? Hat sich die Beziehung zu Wencke Tydmers für Sie im Laufe der Jahre verändert?

SL: Wencke und ich haben uns ja parallel entwickelt. Als ich aus meiner Heimat Ostfriesland weggezogen bin, wurde Wencke nach Hannover versetzt. Ich habe beschlossen, keine reinen Lokalkrimis mehr zu schreiben – und Wencke landete beim LKA, was ihr Ermittlungen im größeren Rahmen ermöglicht. So verlieren wir uns nicht aus den Augen. Und da ich zwischen den Wencke-Tydmers-Romanen immer andere Projekte schreibe, z.B. Heitere Romane, Sach- oder Drehbücher, bin ich dann auch immer wieder neugierig darauf, einen neuen Fall zu schreiben. Fast wie bei einer sehr guten Freundin, die man nur selten sieht, mit der man aber sofort über Gott und die Welt quatschen kann, als läge keine Zeit dazwischen.

BK: Soll es noch weitere „Wencke Tydmers“-Romane geben? Wenn ja, wie viele? Besteht bereits eine neue Idee zum nächsten Fall der Protagonistin?

SL: Solange es mir Spaß macht, diese Bücher zu schreiben, wird es immer wieder neue geben – und das ist noch der Fall, absolut. Es gibt schon eine vage Idee für einen neuen Roman, doch diesen kann ich frühestens Mitte 2014 beginnen, davor bin ich mit anderen Projekten beschäftigt. Eventuell spielt der Roman in Göttingen, meiner Geburtsstadt, die ich so gar nicht kenne und auf diese Weise mal erforschen könnte.

BK: Sie waren jetzt auf Lesereise – welche Eindrücke sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

SL: Ganz besonders war natürlich die Premierenlesung in Hannover, die in einer Kirche stattgefunden hat – vor den ersten Lesungen aus einem neuen Buch habe ich immer heftiges Lampenfieber. Dann bin ich das erste Mal zum Lesen nach Dänemark eingeladen worden, in die Bücherei einer deutschen Minderheitengemeinde. Es waren nicht viele Zuhörer gekommen, trotzdem fühlte ich mich sehr willkommen und habe anschließend noch lange mit den Leuten dort zusammengesessen.

BK: Auf Ihren Lesungen singen Sie auch. Wie kamen Sie dazu, Literatur und Musik zu verbinden?

SL: Als Kind konnte ich mich nicht entscheiden, was ich einmal werden will, wenn ich groß bin: Schriftstellerin, Schauspielerin oder Sängerin … Jetzt kann ich bei Lesungen alles miteinander verbinden. In diesem Jahr habe ich ein ganz neues Konzept: ich habe eigene Songs und Geräuschcollagen zusammengestellt, die während meiner Lesung wie ein Soundtrack eingespielt werden, dazu singe ich auch, spiele Trompete und Säge. Kommt gut an!

BK: Nicht jede Ihrer Lesungen wird musikalisch begleitet. Was sind die Voraussetzungen für eine musikalische Lesung? Können Sie das selbst entscheiden?

SL: Das ist Sache des Veranstalters. Die Lesung mit Musik kostet etwas mehr, da ich meine eigene Anlage mitbringe und der Auf- und Abbau sowie der Soundcheck deutlich mehr Zeit braucht, als wenn ich lediglich mit einem Buch in der Tasche hereinspaziert komme und nur lesen muss.

BK: Sie waren nicht nur auf Lesereise, sondern auch im Krimi-Camp. Worum ging es da? Und welche Erfahrungen konnten Sie davon mitnehmen?

SL: Das Krimicamp war eine Wahnsinnswoche! Acht Krimiautoren schreiben in acht Tagen gemeinsam einen Roman … Geht das? Wir waren in einer sehr schicken Villa in einem sehr abgelegenen Ort in der Uckermark nahe der polnischen Grenze untergebracht und durften uns im Vorfeld keine Gedanken machen, worum es in dem Roman gehen soll. Es ist also alles – vom Handlungsaufbau bis zum Epilog – vor Ort entstanden. Und weil wir ein sehr disziplinierter und kreativer Haufen waren und unser Projekt wirklich auch ernst genommen haben, hat es geklappt.
Die nachhaltigste Erfahrung, die ich dort machen konnte: alle Kollegen machen beim Schreiben die selben Höhen und Tiefen durch, kämpfen mit logischen Fehlern, mit der richtigen Sprache und den Figuren, die nicht immer das tun, was wir gern hätten. Doch da wir verschiedene Stärken und Schwächen haben, ließ sich das Ganze prima auf alle Schultern verteilen.

BK: Wenn Sie an das Krimi-Camp zurückdenken und es mit drei Wörtern beschreiben müssten, welche wären es? Und warum diese?

SL: Anstrengend! – Wir haben nach dem Frühstück mit dem Schreiben begonnen und uns dann nach dem Abendessen die Ergebnisse des Tages vorgelesen und besprochen – das dauerte eigentlich immer bis weit nach Mitternacht.
Anregend! – So ein Miteinander ungefähr gleichgesinnter Kreativer hält ein Füllhorn an Inspirationen bereit, davon werde ich noch lange profitieren.
Amüsant! – Wir hatten trotz der Arbeit unglaublich viel Spaß miteinander, haben zusammen gekocht und gegessen, geredet und getrunken. Streit gab es keinen, nur konstruktive Diskussionen.

BK: Wann erscheint das gemeinsame Buch-Projekt? Können Sie uns ein wenig über den Inhalt verraten?

SL: Der 280-Roman erscheint im November bei KBV. Und er heißt – natürlich – 8! Wir erleben Andy Otto, den etwas schlurfigen Kultmoderator einer angesagten Morgenradioshow, der scheinbar zufällig in eine Mordserie hineingerät. Erst nach und nach wird ihm deutlich, welche gefährliche Rolle er bei dieser Inszenierung spielt.

BK: Und nun zu unseren letzten zwei BK-Fragen: Wenn Sie ein Buch wären, welches wären Sie?

SL: „Beim nächsten Mann wird alles anders“ von Eva Heller.

BK: Gibt es eine Frage, die Sie sich in einem Interview schon immer mal gewünscht haben? Wenn ja, welche wäre es und wie würde die Antwort darauf lauten?

SL: Nein, die gibt es eigentlich nicht. Ich schmuggle die Dinge, die ich gern erzählen möchte, immer zwischen die Antwortzeilen…

Alexa Sprawe

Alexa Sprawe

Alexa ist als Chefredakteurin an den verschiedensten Orten der Bücherstadt anzutreffen, vor allem dort, wo die Redaktionsmitglieder an neuen Ideen tüfteln, ein kritischer Blick auf Texte gefragt ist oder es um Gestaltungsfragen geht. Sie hat Germanistik und Kunst-Medien-Ästhetische Bildung an der Uni Bremen studiert und den Bücherstadt e.V. mitgegründet. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und zwei Katzen in Halle an der Saale, studiert Angewandte Medien- und Kulturwissenschaft, schreibt für diverse Magazine und gestaltet Websites.

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